Stand: 29.08.2016 10:14 Uhr

Die Ukraine in Zeitnot

Der Sofiyskaya Square in der ukrainischen Hauptstadt Kiew © dpa Foto: Nikolay Lazarenko
Wird die ukrainische Hauptstadt Kiew zum Austragungsort des ESC? Noch immer steht das nicht fest.

Der Auswahlprozess dauert jetzt schon viele Wochen: Welche Stadt in der Ukraine erhält den Zuschlag, den 62. Eurovision Song Contest im kommenden Mai auszurichten? Im Hochsommer veranstaltete das ukrainische Fernsehen eine öffentliche Präsentation von zunächst sechs Städten - Kiew, Lviv, Cherson, Dnipro, Odessa und Charkiv -, aus dem drei Orte in die nächste Runde kamen. Eigentlich sollten all diese Kandidaten zügig besucht werden, sodass schon Anfang August der Festivalplatz hätte bekannt gegeben werden können.

So geschah's aber nicht. Unentwegt wurden Bekanntgabetermine öffentlich gemacht, dann aber wieder kassiert. "Postponed" ist das englische Wort dafür: verschoben. Nun rückt der 1. September näher, der Stichtag, an dem spätestens der Ort präsentiert werden sollte. Offen ist, ob bis kommenden Donnerstag die letzten Fragen sein geklärt werden.

Verschleppte Termine

Jon Ola Sand, Executive Supervisor der EBU und Nachfolger von Svante Stockselius © EBU Foto: Pieter Van den Berghe
Wird langsam ungeduldig, weil die Ukraine sich mit der Entscheidung so lange Zeit lässt: Jon Ola Sand.

Jedenfalls muss es hinter den Kulissen rumpeln, dass es nur so kracht. Anders sind die diplomatisch gewogenen, aber dennoch sehr deutlichen Worte von Jon Ola Sand, Generalsekretär des ESC in Genf, in einer Videomitteilung nicht zu interpretieren. Wörtlich heißt es: "Everything has to be scrutinised. It's not a case of talking to the city once or twice. You need to sit down and negotiate down to the smallest detail. This year the key challenge has been to find a city that can meet all the expectations that the EBU and  Host Broadcaster have. That is why we are having detailed discussions and are on top of this so that these expectations are met." Zusammengefasst: Alles muss geprüft werden - und es ist keine Sache von Gesprächen dann und wann, um dann eine Entscheidung zu treffen. Man muss sich hinsetzen und bis ins kleinste Detail alles unter die Lupe nehmen. Die Stadt, die es wird, muss alle Erwartungen erfüllen.

Im Klartext heißt das: Die EBU hat das letzte Wort. Die Halle muss 10.000 Zuschauern Platz bieten. Es muss ein Medienzentrum an der Halle vorhanden sein. Der Flughafen muss ein internationaler sein. Der Transport muss geklärt sein. Und die Sicherheit muss gewährleistet sein, damit niemand aus Furcht auf eine Reise zum ESC in die Ukraine verzichtet.

Bloß keine Blamage

Offenbar haben die ukrainischen Organisatoren, zu denen auch höchste Regierungskreise gehören - klar, es ist ja das Prestigeprojekt für das Land überhaupt - nur wenig von dieser Aufgabenliste erledigen können. Tatsächlich gibt es keine Arena nach dem Geschmack der EBU. Und der Winter ist nah: Bauarbeiten an einer neuen Halle können nicht bis zum Mai geschafft werden.

In dieser Woche soll eine Entscheidung getroffen werden. Die Betonung liegt auf: soll. Der Stichtag könnte auch nach hinten verschoben werden, schließlich schleppten sich die Vorbereitungen für den ESC in Estland 2002 oder Lettland 2003 auch bis in den späteren Herbst - wobei die Orte dort konkurrenzlos feststanden, Tallinn beziehungsweise Riga.

Eigentlich schien doch eindeutig: Es kann nur Kiew werden. Die Hauptstadt. Die alles hat. Undenkbar ist nur eines, nach momentanem Stand der Dinge: Es gibt kein Geld in irgendeinem Säckel des Landes. Aber man will es schaffen, muss es schaffen. Die Blamage wäre sonst zu groß - so groß wie die Freude in Russland, wo man nur darauf wartet, dass die Ukraine nicht in der Lage ist, den ESC zu stemmen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 13.05.2017 | 21:00 Uhr

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