Stand: 29.03.2016 12:54 Uhr

Roger Cicero nach Hirninfarkt gestorben

Swing-Sänger Roger Cicero 2007 © Warner
Roger Cicero starb mit 45 Jahren an den Folgen eines Hirninfarkts.

Es gibt Meldungen, die wollen nicht begriffen werden, aber diese ist traurigerweise nur zu wahr: Roger Cicero, der wohl bekannteste deutschsprachige Jazzer, ist im Alter von nur 45 Jahren an den Folgen eines Hirninfarktes gestorben. Fast jede Nachricht über einen, der nun nicht mehr lebt, ist schrecklich - aber niemand hätte auch nur im Entferntesten damit gerechnet, dass dieser Entertainer so jung sterben würde.

Schon von Kindheit an auf der Bühne

Vor zehn Jahren stand der deutsche ESC an einem Scheideweg. Im Jahr nach Texas Lightning und ihrem "No No Never" war nicht klar, welche deutschen Künstler es wagen würden, die internationale ESC-Bühne zu betreten, um dann womöglich nur im Mittelfeld zu landen. Er aber hatte den Mut, weil er sich als Musiker sicher wusste. Roger Cicero, am 6. Juli 1970 in Berlin als Sohn des Jazzpianisten Eugen Cicero und der Tänzerin Lili Cziczeo geboren, trat schon in Kindertagen auf Bühnen auf - mit der Kabarettistin Helen Vita, mit dem Rias-Tanzorchester unter Leitung von Horst Jankowski ("Eine Schwarzwaldfahrt") und mit dem Bundesjugendjazzorchester unter Leitung von Peter Herbolzheimer. Dieser Junge musste etwas werden im Musikbereich, und Cicero erfüllte alle Erwartungen, die der anderen, gewiss auch die seinen.

Nach dem Studium des Jazzgesangs in Amsterdam, als Gastsänger bei den Gruppen Jazzkantine und Soulounge - mit Auftritten in Montreux beim Jazzfestival. Cicero, das konnte man 2007 in Helsinki bei den Proben zum ESC, beim damaligen Botschaftsempfang und auch im Kontakt beim Interview merken, war ein Musiker der Leidenschaft. Einer, der gar nicht anders konnte, als sich in Noten, in Swing und Rhythmus auszudrücken.

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Roger Cicero tritt in Helsinki auf und belegt den 19. Platz © dpa Foto: Seppo Sirkka epa

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Der deutsche Vorentscheid für den ESC gewann er mit fünf seiner Bandmusiker ziemlich deutlich: "Frauen regier'n die Welt" war ein Titel, wie ihn von deutscher Seite niemand zuvor beim ESC geboten hatte. Ein jazz- und swinggetragenes Stück, das in die Arena des ESC nicht zu passen schien, aber Cicero machte aus seinen drei Minuten eine noble Performance. Und das, obendrein, in verblüffender Eleganz: Dieser Musiker hatte mit der Wollmützenästhetik, aber auch mit den pompösen Inszenierungen von ESC-Konkurrenten nicht viel zu schaffen. Am Ende waren es nur 49 Punkte, die er einsammeln konnte. Das reichte für den 19. Platz.

Womöglich kam seine Art der Musik für den ESC ein wenig zu früh. 2011 schaffte der Italiener Raphael Gualazzi mit einer Jazznummer den zweiten Rang beim ESC in Düsseldorf: Ciceros Coolness hätte es ebenfalls verdient, mehr als nur mäßiges Interesse zu finden.

Der Beginn einer Karriere

Ähnlich wie Joy Fleming, die aus einer Platzierung ziemlich weit hinten eine bis heute währende Karriere bauen konnte, war es auch bei Roger Cicero: Der 19. Rang schadete seinem Ruf nicht im Mindesten. Viele Musikerkollegen attestierten ihm, einen tollen, ja, vielleicht den tollsten Job in Helsinki absolviert zu haben. Jedenfalls veröffentlichte er nach dem ESC noch vier weitere Alben - allesamt vorzüglich in den Charts präsent.

Gesangseinlage mit Ernie und Bert bei der "Sesamstraße"

Cicero, dem die Musik andererseits auch Inspiration war, andere Kulturgenres auszuprobieren, spielte 2009 in dem Film "Hilde" mit, gab im gleichen Jahr die Synchronstimme für den Prinzen Naveen in dem Film "Küss den Frosch" und war auch Gast bei Arte in der Reihe "Durch die Nacht mit ...". Mir unvergessen, neben dem ESC-Auftritt, bleibt sein Gastspiel in der Sesamstraße und seine Gesangseinlage mit Ernie und Bert.

Schon im vorigen Herbst litt Roger Cicero an Erschöpfung, die Berufskrankheit von Musikern, die viel zu viel auf allzu vielen Baustellen zu tun haben - und sich nicht einschränken wollen, weil es ihnen alles doch auch sehr viel Freude macht. Er sagte alle Konzerttermine ab, wollte sie aber in diesem Jahr nachholen.

Er war ein Großer auf dem Weg zu noch Größerem.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 14.05.2016 | 21:00 Uhr

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