Stand: 02.01.2017 10:30 Uhr

Grattis och tack, Siw!

Siw Malmkvist in der Fernsehshow 'Willkommen bei Carmen Nebel' in  Berlin im September 2014. © picture alliance / Geisler-Fotopress Foto: Ralf Harde/Geisler-Fotopress
Alles Gute zum 80.! Siw Malmkvist kam im Laufe ihrer Gesangskarriere mehr als einmal mit dem ESC in Berührung.

1964 gewann sie gegen mächtige Prominenz - Esther und Abi Ofarim, Nana Mouskouri, Gitte und Rex (Gildo) - in Baden-Baden die deutschen Schlagerfestspiele. "Liebeskummer lohnt sich nicht" gehört seither zu den wichtigsten, weil Gassenhauer gewordenen Popliedern der deutschen Alltagskultur. Der Christian-Bruhn-Titel (der zwei Jahre zuvor "Zwei kleine Italiener" für Cornelia Froboess und den ESC schrieb, später unter anderem Katja Ebsteins "Wunder gibt es immer wieder" für den ESC komponierte) wurde besonders durch die Interpretin zur Perle der deutschen Unterhaltungsmusik jener Jahre. Siw Malmkvist, damals 27 Jahre jung, war in in ihrer Heimat längst ein Star, eine der ganz Großen im Entertainment ihres Landes. An Silvester feierte sie ihren 80. Geburtstag.

Am Silvestertag des Jahres 1936 in Landskrona, Südschweden, geboren, begann sie schon in den 1950er-Jahren ihre Karriere als eine der erfolgreichsten Unterhaltungssängerinnen ihres Landes. Malmkvist hatte eine Fülle von Hits, ihre in Deutschland bekanntesten sind eben "Liebeskummer lohnt sich nicht", "Küsse nie nach Mitternacht", "Sole Sole Sole" oder "Harlekin", mit dem sie 1968 die inzwischen für die Musikindustrie nicht mehr so wichtigen Schlagerfestspiele gewann. Im folgenden Jahr schaffte sie den Sprung zum ESC, in dem sie mit "Primaballerina" die Vorentscheidung gewann - "Hey" der inzwischen populäreren Peggy March hatte das Nachsehen.

Siw und der ESC

Siw Malmkvist tritt 1969 beim deutschen Vorentscheid zum Grand Prix auf und landete beim internationalen Wettbewerb in Madrid auf dem 9. Platz.
Siw gewann 1969 den deutschen Vorentscheid und wurde beim ESC in Madrid Neunte.

Erstmalig machte sie ESC-Bekanntschaft 1959, als sie mit dem Titel "Augustin" die schwedische Vorentscheidung gewann - aber nicht Siw Malmkvist fuhr mit dem schmissigen Titel nach Cannes, sondern Britta Borg. Das war so verabredet worden, Vorentscheidungsregeln konnten seltsam sein: Malmkvist hatte mit diesem Titel ihren ersten Hit in Schweden. Hier eine Liveaufnahme des Titels aus dem Jahre 2011: immer noch hinreißend auf der Bühne.

Endlich einmal für Schweden offiziell ins Ausland reisen und ihr Land beim ESC vertreten durfte sie erst 1960 mit dem Titel "Alla andra får varann" (zu Deutsch: Alle anderen kriegen einen ab), mit dem sie in London den zehnten Platz erreichte. Sie erzählte mir in einem Gespräch dazu: "Ich war wahnsinnig aufgeregt vor dem Flug nach London. Es ist das eine, Schallplatten einzusingen oder an einem Festival in Schweden teilzunehmen. Aber eine andere, dass man ein Lied hat und damit ein Land repräsentiert. Ich war in London wahnsinnig aufgeregt - aber dann war es sehr schön."

Deutschland als Karriereschauplatz

In den Jahren darauf konzentrierte sie sich auf internationale Einsätze - und die Bundesrepublik Deutschland war ihr wichtigster Karriereplatz. Skandinavische Frauen waren im Schlagergeschäft sehr beliebt: Gitte, Wencke Myhre, Lill Lindfors, Anita Lindblom oder Anna-Lena Löfgren waren die ästhetischen Alternativen zu vielen deutscheingeborenen Sängerinnen, denen immer etwas Hausbackenes anhaftete.

Es war immer noch die Zeit des Nachkriegs: Eine wie Siw Malmkvist, auf ihrem Zenit in Deutschland ähnlich populär wie heutzutage Beyoncé (nicht nur) unter Teenagern, wirkte erfrischend. In ihren 2010 (nur auf Schwedisch) publizierten Memoiren "Tunna skivor av mig" (zu Deutsch: Dünne Scheiben von mir) schrieb sie, in Deutschland sei ihr vieles schwergefallen. Die Musik sei einfältiger als in Schweden - in ihrer Heimat habe sie zeigen können, dass sie mehr als Schlager kann, sondern auch Swing und Jazz, dass sie live und ohne Konserven auftreten könne: In Deutschland sei sie einfach eine Skandinavierin aus Schweden geblieben.

Siw - die ideale Pippi Langstrumpf

In den 70er-Jahren stand sie künstlerisch nicht mehr in der allerersten Reihe, populär blieb sie in Deutschland, besonders aber in Schweden. Sie war Astrid Lindgrens Wunschbesetzung für die Rolle der Pippi Langstrumpf in der gleichnamigen Musicalfassung, die in den frühen 80ern auf die Bühne kam: Obwohl sich Malmkvist viel zu alt für die Rolle fühlte, bestand die berühmte Schriftstellerin auf diese Entertainerin. Niemand sonst könne die melancholische Heiterkeit einer Pippi Langstrumpf Kindern und Erwachsenen zugleich vermitteln.

Siw Malmkvist, Gitte Haenning, Wencke Myhre (von links). © Kulturinitiative
2007 versuchten es Siw, Gitte Haenning und Wencke Myhre gemeinsam beim deutschen Vorentscheid - scheiterten aber.

Beim ESC blieb Malmkvist präsent: "Det är kärlek" sang sie 51-jährig beim schwedischen Vorentscheid 1988 - und scheiterte schon in der Vorrunde. Ein Hit wurde der Titel trotzdem. Auf die Frage, wie sie sich ihre Zukunft vorstelle, sagte Siw Malmkvist: "Ich feiere meinen Geburtstag in Stockholm, gehe um Mitternacht auf den Balkon und sehe das Feuerwerk. Dann stelle ich mir vor, es sei auch für mich." Und: "Nächstes Jahr gehe ich wieder auf Tournee." Mit ihren kaum weniger berühmten Kolleginnen Lill-Babs und Ann-Louise Hanson. Sie sagt: "Warum auch nicht? Ich will selbst entscheiden, wann ich aufhöre. Ich will nicht, dass es peinlich wird, wenn Siw Malmkvist auf die Bühne kommt." Das ist, ihre Fans denken es so, noch lange nicht der Fall.

Herzlichen Glückwunsch und Danke für wunderbare Lieder und Auftritte, Siw Malmkvist!

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 29.03.1969 | 21:00 Uhr

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