Stand: 20.01.2017 22:16 Uhr

ESC kein Grund für Hundetötung in Kiew

Streunende Hunde in der ukrainischen Stadt Evpatoria (Aufnahme vom 30.3.2011) © dpa/picture alliance Foto: Pavlishak Alexei
Tierschützer fürchten, dass Straßenhunde in der Ukraine gezielt getötet werden.

Mit mehreren Petitionen an die European Broadcasting Union (EBU), den Norddeutschen Rundfunk (NDR) sowie Vitali Klitschko, Bürgermeister der Stadt Kiew, machen Tierschützer auf das Töten von Straßenhunden in Kiew aufmerksam. An die EBU und den NDR wurden sie von Animal Rights Switzerland/France herangetragen mit der Überschrift: "Befürchtete Tötung von Straßenhunden für den Eurovision Song Contest 2017 in der Ukraine". Darin heißt es unter anderem: Um die Straßen für die Besucher 'sauber' zu halten, seien bereits vor der Fußball EM 2012 in der Ukraine Tausende Straßenhunde brutal getötet worden. Verschiedene Tierschutzgruppen des Landes befürchten nun, dass für den ESC wiederum dieselbe Strategie angewendet werde. Es lägen bereits Beweise vor, dass die sogenannten 'Dog Hunters' (meist privat organisierte Personen, die die Hunde fangen und töten, Anm. d. Red.) mit dem Vergiften von Hunden begonnen hätten.

Gängige Praxis in der Ukraine

Paul Hrosul, der ESC-Fanclub-Vorsitzende aus der Ukraine, bei einem Besuch in Berlin
Paul Hrosul ist Vorsitzender des ESC-Fanclubs der Ukraine. Er kennt die Praxis der Hundetötungen in seinem Land.

Paul Hrosul, in Berlin lebender Ukrainer und im vorigen Jahr deutschsprachiger Betreuer der ESC-Siegerin Jamala, sagt als Kenner der gesellschaftlichen Verhältnisse in seinem Heimatland zu den Hundetötungen: "Ja, es stimmt, diese Praxis gibt es nicht nur in Kiew. Aber speziell zum ESC hat man sich das nicht ausgedacht. Alle Hunde, die auf der Straße wohnen, wurden eingesammelt und umgebracht, da es nicht viele Hundeheime gibt.“

Deutscher Tierschutzbund weist auf Vertrag mit Kiew hin

Der Deutsche Tierschutzbund e. V. hatte sich bereits 2012 gegen die geplanten Hundetötungen vor der Fußball-EM in der Ukraine eingesetzt. Damit die Straßenhunde nicht getötet werden, unterzeichnete die Tierschutzorganisation mit der damaligen Stadtleitung einen Vertrag. Ziel dieser Vereinbarung war zusammen mit Tierkliniken der Stadt die Anzahl der Hunde tierschutzgerecht durch das Prinzip "Einfangen, Kastrieren, Freilassen" zu reduzieren. Mit der Zeit wurden auch die Hunde in den Außenbezirken der Stadt ins Projekt miteinbezogen.

Lea Schmitz, Pressereferentin beim Deutschen Tierschutzbund e. V. © Deutscher Tierschutzbund e.V.
Lea Schmitz ist Pressereferentin beim Deutschen Tierschutzbund e. V. und kennt die Problematik der Hundetötungen in der Ukraine.

"Das Einfangen und Töten von Straßenhunden ist nicht nur grausam, sondern auch sinnlos. Um die hohe Anzahl an Straßentieren langfristig und tierschutzgerecht zu verringern, sind andere Lösungen nötig - wie das Konzept "Einfangen, Kastrieren, Freilassen", mit dem wir mit Projekten in der Ukraine und zusammen mit unseren Tierschutzvereinen auch in anderen Ländern schon viel erreicht haben", erklärt Lea Schmitz, Pressereferentin des Deutschen Tierschutzbundes e. V. auf Anfrage. Laut Recherchen des Vereins hat die Stadt Kiew keinen Auftrag zur Tötung der Hunde vor dem ESC erteilt. (Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es an dieser Stelle: Einen Zusammenhang zwischen den Hundetötungen und dem ESC in Kiew sieht sie aber nicht.)

"Über direkte Kontakte vor Ort haben wir die Auskunft erhalten, dass es keine entsprechende Anweisung der Stadt gibt. Wir behalten das Ganze natürlich weiter im Auge und würden reagieren, falls sich ein entsprechender Verdacht doch bewahrheiten sollte", so Schmitz. Das gemeinsame Kastrationsprogramm zwischen den Tierkliniken und der Stadt laufe erfolgreich weiter und werde auch von Seiten der Stadt unterstützt. Von daher würde es wenig Sinn machen, wenn die Stadt sich plötzlich für Tötungsaktionen ausspricht, sagt die Tierschützerin. Die Doghunter blieben aber leider bestehen und deshalb bleibe immer die Gefahr, dass sich Grausames auf den Straßen von Kiew abspielen könnte.

ESC-Delegation will Thema beim nächsten Treffen erörtern

Thomas Schreiber, ARD Koordinator Unterhaltung © NDR Foto: Marcus Krüger
ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber will im März beim Delegationstreffen in Kiew das Thema Hundetötungen zur Sprache bringen.

Die EBU erklärt zu den Hundetötungen in Kiew, dass der Umgang mit streunenden Hunden allein Sache der Stadt sei. "Wir können bestätigen, dass die EBU kein Ersuchen in diesem Zusammenhang gestellt hat. Die EBU hilft ihren Mitgliedern und ihren Regierungen, Gesetze oder Regeln zu korrigieren oder zu verbessern, die die Ausübung der gemeinwirtschaftlichen Mission in diesem Land beeinträchtigen könnten. Die EBU interveniert nicht in andere Arten von Rechtsvorschriften, die nicht spezifisch mit öffentlichen Medien in Verbindung stehen", so ein Pressesprecher. Thomas Schreiber, ARD-Unterhaltungskoordinator und verantwortlich für den ESC in Deutschland, erklärt: "Es ist ein legitimes Thema, das wir beim Head-of-Delegation-Treffen im März in Kiew erörtern werden. Und wir werden hierüber auch mit Jon Ola Sand (Generaldirektor des ESC) von der EBU sprechen."

Weitere Informationen
Eine Hand zieht brutal am Nacken eines Hundes (Aufnahme: Rumänien im August 2009) © dpa Foto: Db Etn

Falsche Bilder auf Petitionen gegen Hundetötung

Mit Petitionen setzen sich die Tierschützer von Animal Rights Switzerland/France gegen Hundetötungen in Kiew zum ESC ein. Sie verwenden jedoch Bilder von Hunden aus Rumänien. mehr

Tierärztin Dörte Röhl © PETA Deutschland e.V.

Hundetötungen in Kiew: Kein offizieller Auftrag

Die Tierschutzorganisation PETA engagiert sich seit Jahren im Kampf gegen Hundetötungen. Im Interview berichtet die Fachreferentin und Tierärztin Dörte Röhl über die Situation in Kiew. mehr

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 13.05.2017 | 21:00 Uhr

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