Stand: 22.03.2019 10:49 Uhr

Israel - Viele Jahre der Erfolge und Misserfolge

Die israelische ESC-Siegerin Netta © Daniel Kaminsky Foto: Daniel Kaminsky
Die Sängerin Netta gewann 2018 für Israel beim ESC. Sie ist die vierte Siegerin, die für das Land antrat.

In Tel Aviv wird Israel als Gastgeber seine 42. ESC-Teilnahme feiern. Sein Debüt gab das Land am östlichsten Mittelmeerland 1973 in Luxemburg. Israels TV-Anstalt IBA durfte deshalb an einer (zunächst west-, nord- und südeuropäischen) Fernsehshow teilnehmen, weil die EBU (European Broadcastinng Union mit Sitz in Genf), 1950 gegründet, immer schon ein öffentlich-rechtliches TV- und Radionetzwerk über das geographische Europa hinaus war. Zweck der EBU war zunächst, TV-Filme auszutauschen und, etwa im Nachrichtenbereich, den Mitgliedssendern rasch und unkompliziert zur Verfügung zu stellen. Als der ESC erstmals ausgetragen wurde, 1956 im schweizerischen Lugano, war das Fernsehen ein sehr junges Medium; Fernsehgeräte waren noch kaum verbreitet.

Vier Siege in 46 Jahren ESC-Teilnahme

Boaz Mauda aus Israel © NDR Foto: Rolf Klatt
Der Sänger Boaz Mauda war bei seiner Teilnahme beim ESC 21 Jahre alt.

56 Länder (mit 72 Sendern) sind inzwischen in der EBU vernetzt. Der ESC ist die populärste TV-Show der EBU. Israel hat während seiner inzwischen fast 46 Jahre (41. Teilnahmen) währenden ESC-Geschichte vier Mal gewonnen, zwei Mal belegte man den zweiten Platz, einmal wurde man Dritter - insgesamt belegt das Land in der Ruhmesgeschichte aktuell den 6. Rang. Boaz Mauda, im Jahr des ESC von Belgrad 21 Jahre jung, hatte schon erste Erfahrungen in einer Castingshow gemacht, ehe das israelische Fernsehen ihn fragte, ob er beim ESC antreten wolle. Nur das Lied müsse noch in einer Vorentscheidung ermittelt werden. Ob es an seiner Personality lag, am wehmutstiftenden Siegeslied oder an einer Kombination aus beidem: Er machte seine Sache sehr gut.

Am Ende fuhr er als Nachwuchsmann im israelischen Showgeschäftt mit einer Oldie-Legende auf den Balkan. Denn sein Lied, im hebräischen Original als "Ke'ilu kann" (hier auf Englisch) betitelt, wurde von Dana International geschrieben - zehn Jahre nach ihrem ESC-Sieg in Birmingham kam sie in die Eurovisionsarena zurück, vorläufig nur als Komponistin und Mittexterein. Für Boaz Maudas wirklich schönen Vortrag - leider nicht im hebräischen Original - langte es am Ende für einen neunten Platz. Eine langjährige Karriere folgte darauf nicht, Boaz Mauda ist weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden.

Ein Star-Duo auf ESC-Wegen: Noa und Mira Awad

Das kann man über die Sängerinnen des Duos, die nach dem gleichen Verfahren vom TV-Sender IBA ausgewählt wurden, wie im Jahr zuvor Boaz Mauda, nicht sagen: Noa und Mira Awad sind in Israel sehr bekannte Künstlerinnen. Die eine, Noa, jüdische Bürgerin, die andere, Mira Awad, arabische Israelin. Ihr Titel "There Must Be Another Way" war ein 1-A-Friedensappell, nicht sehr originell für das Liedgut dieses Landes, aber einnehmend vor allem durch die Ausstrahlung der Künstlerinnen.

Petition gegen ESC-Teilnahme

Noa & Mira Awad für Israel im ersten Halbfinale © NDR Foto: Rolf Klatt
Die Teilnahme der Sängerinnen Noa und Mira Awad löste in Israel Kontroversen aus.

Deren Nominierung löste in Israel - und nicht nur dort - Kontroversen aus. In einer Petition wurden beide aufgefordert, nicht zum ESC zu reisen, ihr Lied sei pure politische Augenwischerei - Rufe nach Frieden habe es genügend gegeben, ihrer habe da gerade nicht gefehlt. Beide ließen sich jedoch nicht beirren, sie verstanden sich als Künstlerinnen, nicht als Delegierte der Regierung. In Moskau sollte der hebräisch-arabische Liedmix famos abschneiden, davon ging man in allen Medien Israels aus. Und das war auch das, was beide Sängerinnen gewiss selbst erhofften. Enttäuschend fiel am Ende der 16. Platz für sie aus - das war weder ganz schlecht noch irgendwie echt gut.

Noa ist nach wie vor künstlerisch engagiert, aber auch politisch, etwa auch für israelisch-palästinensische Friedensinitiativen. Das gilt ebenso für Mira Awad, die sich als Palästinenserin in Israel versteht, aber als israelische Bürgerin und in der arabischen Community Israels nach wie vor keinen tadellosen Ruf hat, weil sie mit einer Jüdin gemeinsam auf der Bühne stand. Aber sie sagte auch: "Mit Noa zur Eurovision zu fahren lag ja nahe. Wir hatten vorher so oft zusammengearbeitet und das hat immer Spaß gemacht."

Dana International wieder auf der ESC-Bühne

ESC-Finale 2010: Harel Skaat aus Israel © NDR Foto: Rolf Klatt
Der Sänger Harel Skaat nahm beim ESC 2010 teil.

Im Jahr darauf war Harel Skaat und sein Lied "Milim" trotz Stimmschmelz des Sängers von uninteressantester Langeweile - ein 14. Platz dürfte ihn weder zufrieden noch enttäuscht zurückgelassen haben. Nur wenige Monate nach dem Ausflug nach Oslo outete er sich als schwul, das war damals, trotz Dana International, in Israel keine nebensächliche Nachricht. Es ist bis heute ein vielbeschäftigter Mann, voriges Jahr etwa produzierte er ein Cover des Ofra-Haza-Hits "Im nin'alu".

Vier Jahre Misserfolge beim ESC

Es folgten vier Jahre der besonderen Trostlosigkeit: In Düsseldorf 2011 wartete Dana International, nun wieder selbst auf der Bühne, in schlecht gezupften (oder gebügelten, je nach Perspektive) Extensions und wie immer leicht stimmschwächelnd mit "Ding Dong", und kam nicht einmal ins Finale. Im Jahr darauf, in Baku, kam die Band Izabo mit ihrem unverständlich schlecht bewerteten Lied "Time" ebenso wenig ins Finale. Eine Schmach, die Sängerin Moran Mazor in Malmö ebenso erleiden musste: Ihr "Rak bishvilo" fiel trotz recht freizügiger Performance auch durchs Rost der Halbfinalprüfung. Und der schlechten ESC-Jahre zur Abrundung: Mei Feingold und "Same Heart" bekam auch keine Würdigung, sie musste beim Grand Final in Kopenhagen, als Conchita Wurst alle überstrahlte und gewann, zugucken.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Blue | ESC Update | 30.03.2019 | 19:05 Uhr

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