Stand: 17.05.2015 14:59 Uhr

Trijntje Oosterhuis: "Keine Stimmakrobatik vollführen"

Trijntje Oosterhuis aus den Niederlanden singt bei Eurovision in Concert in Amsterdam © NDR Foto: Rolf Klatt
Trijntje Oosterhuis hat das musikalische Talent ihrer Mutter geerbt.

Für ein Interview in der Halle ist Trijntje Oosterhuis nicht zu gewinnen. Der niederländische Star bittet zum Gespräch ins Fleming’s Deluxe Hotel, wo ein niederländisches Kamerateam nach dem anderen den Zeitplan gehörig durcheinanderwirbelt. Nach über einer Stunde kommt eurovision.de dann aber doch noch zum Zug.

Frau Oosterhuis, ihr Vater Huub ist Theologe und hat viele Kirchenlieder geschrieben, ihre Mutter ist Violinistin. Wer von beiden hat sie musikalisch am stärksten geprägt?

Trijntje Oosterhuis: Das ist schwer zu sagen … Meine Mutter ist die Musikalischere von beiden. Von daher glaube ich, dass ich das musikalische Talent von ihr geerbt habe. Dafür hat mich mein Vater auf kreativer Ebene sehr unterstützt.

Die Abkehr Ihres Vaters von der katholischen Kirche wurde in der niederländischen Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert. Wie haben Sie das als Kind miterlebt?

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Trijntje Oosterhuis: Das war mir damals gar nicht richtig bewusst. Er war halt mein Vater und wir hatten eine sehr innige Beziehung. Später habe ich dann verstanden, für welche Werte er sich eingesetzt hat. Er ist ein sehr bescheidener Mann, der für die Gleichheit aller Menschen auf der Welt eintritt und dafür auch eine Menge tut. Darauf kann man als Tochter stolz sein.

Sie haben ein sehr breit gefächertes Repertoire, von englischer Popmusik über niederländische Balladen bis hin zu Jazz. Wie schwer war es denn, sich für den ESC auf einen Stil festzulegen?

Trijntje Oosterhuis: (lacht) Das fällt mir immer schwer. Zur Teilnahme am Song Contest habe ich mich sehr spontan entschieden. Ich wurde in der Vergangenheit zwar immer wieder gefragt, doch es war nie der richtige Zeitpunkt, weil ich mit anderen Projekten beschäftigt war. Außerdem habe ich zwei Kinder, und ich wollte sie nicht so lange alleine lassen. Jetzt sind sie ein bisschen größer und ich kann sie mitnehmen. Letztlich hat es aber etwas mit meiner Zusammenarbeit mit Anouk zu tun. Wir sind musikalisch zwei völlig unterschiedliche Charaktere, aber wir haben gemeinsam an einem Album gearbeitet. Und plötzlich dachte ich mir: Wenn ich tatsächlich mal am ESC teilnehmen will, dann muss es jetzt sein - mit einem Song von Anouk. Das war wie eine Erleuchtung.

Ihre Schwägerin Edsilia Rombley nahm 2007 für die Niederlande mit einem Titel Ihres Bruders Tjeerd am Song Contest in Helsinki teil. Wie haben Sie das damals miterlebt?

Trijntje Oosterhuis: Ich habe mich sehr für sie gefreut und bin auch angereist, um ihren Auftritt live zu sehen. Ich war ziemlich aufgeregt, aber sie hat sich großartig geschlagen. Ich finde es toll, dass sie und mein Bruder ihre Leidenschaft für die Musik teilen können.

Edsilias ESC-Abenteuer ist dann aber nicht ganz so erfolgreich ausgegangen … Hat Sie das nachdenklich gemacht, als man Ihnen in diesem Jahr die Teilnahme angeboten hat?

Trijntje Oosterhuis: Nun, Erfolg lässt sich sehr unterschiedlich definieren … Dass sie sich nicht für das Finale qualifizieren konnte, heißt ja nicht, dass Song und Auftritt nicht gut waren. Ich persönlich war begeistert: Sie sah wunderschön aus und hat alles gegeben. Man braucht eben auch ein Quäntchen Glück, dass man mit seiner Performance gerade den Geschmack der Leute trifft. Ich habe Edsilias Teilnahme nie als ein Scheitern empfunden, und sie auch nicht.

Sie sind in ihrem Land sehr erfolgreich, der Sänger Marco Borsato nannte sie in einem Konzert sogar "die beste Sängerin der Niederlande". Inwiefern unterstreicht "Walk Along" ihre stimmlichen Fähigkeiten?

Trijntje Oosterhuis: Ich hätte natürlich eine richtige Monsterballade auffahren können, aber ich wollte eine junge, frische Produktion. Wenn ich auf meine Veröffentlichungen in den letzten Jahren zurückblicke, ist das eine große Neuerung - ich war musikalisch auf einem völlig anderen Weg. Und jetzt habe ich das Gefühl, dass ich meine ganze Energie in diesem Song rüberbringen kann, ohne irgendwelche Stimmakrobatik vollführen zu müssen. Ich habe den Eindruck, dass ich mit dem Song sehr gut zeigen kann, was musikalisch in mir steckt.

Die meisten ESC-Fans werden durch ihre Eltern "angefixt", wenn sie sich die Show in der Familie gemeinsam anschauen. Haben Sie ein Song-Contest-Ritual mit ihren beiden Söhnen?

Trijntje Oosterhuis: (lacht) Jedes Mal wenn wir uns die Show ansehen, sagen sie mir: "Mama, du musst da unbedingt mal teilnehmen." Und jetzt, wo ich mich entschieden habe, es tatsächlich zu tun, sind sie total begeistert. Vor dem Fernseher gibt es immer hitzige Diskussionen. Manche Songs, die ich nicht mag, finden sie ganz toll. Aber sie sind ja noch klein und haben ganz andere Kriterien als ich. Wir essen Chips und die Jungs machen es sich im Pyjama gemütlich.

Wo werden die beiden den Auftritt ihrer Mama sehen?

Trijntje Oosterhuis: Sie sind hier in Wien und werden sich die Familienshow am Nachmittag in der Halle ansehen. Das Semifinale am Abend schauen sie sich dann im Hotel am Fernsehen an.

 

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 23.05.2015 | 21:00 Uhr

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