Stand: 15.07.2006 16:14 Uhr

Guildo Horn: "Wir wollen eine Menge Spaß haben"

Im Sommer 2006 startete Guildo Horns eigene Talksendung mit behinderten Erwachsenen. Eurovision.de sprach mit dem Musiker am 15. Juli des Jahres über die Show, Shakespeare und das Rentenalter.

eurovision.de: Nach welchen Kriterien werden die Gäste für Ihre Show eingeladen?

Guildo Horn diskutiert mit seinen Gästen seiner TV-Sendung beim SWR über aktuelle Themen. © © SWR Foto: Klaus Görgen
Guildo Horn ist nicht nur Sänger, sondern auch Diplompädagoge und Talkshow-Moderator.

Horn: In jede Sendung werden vier Personen kommen: geistig mehrfach behinderte Erwachsene und Lernbehinderte. Bevor wir das Konzept dem SWR vorgestellt haben - so etwas hat es vorher ja noch nicht gegeben - haben wir eine Art Piloten gedreht. Mit dabei waren Freunde von mir, von den Lebenshilfen Trier und Nordhorn. Von den Leuten sind jetzt noch ein paar in der Sendung.

eurovision.de: Welche Themen stehen im Mittelpunkt der Sendung?

Horn: Zum Einstieg die Themen der Woche, Sachen, die uns alle interessieren. Was nicht an erster Stelle steht, ist das Thema Behinderung. Es kann sein, dass es sich im Gespräch ergibt, dann ist es kein Tabuthema. Das soll aber keine Betroffenheitssendung werden, wir wollen eine Menge Spaß haben. Mich interessiert, was meine Gäste über die Welt denken. Wie wird jemand wie Klinsmann wahrgenommen, was sagt man zur Arbeitslosigkeit, was sagt man zur Dopingaffäre von Jan Ullrich und wie wirkt sich das auf ihn aus.

eurovision.de: Was bezwecken Sie mit der Show?

Horn: Der Zweck ist für mich persönlich, Spaß zu haben. Ich lade diese Leute ein, weil ich gerne mit authentischen Menschen zusammen bin. Wenn ich etwa unsere Polittalkshows anschaue: Da sitzt unsere Bildungselite und bastelt an Konzepten, die unser Land weiterbringen sollen. Da wird kein einziges offenes Wort mehr gesprochen.

Das ist bei meinen Gästen nicht so. Die sind, wie sie sind. Die machen den Mund auf und was rauskommt, kommt raus. Und das ist gut so. Behinderte sind in der deutschen Medienlandschaft oftmals nur dafür da, dass wir unseren Altruismus abfeiern können. Ich möchte, dass die Behinderten, die viel selbstbewusster geworden sind, eine eigene Plattform haben, wo sie sich zeigen können, wie sie sind.

eurovision.de: Wie groß ist die Gefahr, Ihre Gäste bloßzustellen?

Horn: Die Frage stellt sich nur jemand, der in solchen Kategorien denkt und keine geistig Behinderten kennt. Die meisten Leute hatten noch nie Kontakt mit geistig Behinderten. Und wozu man keinen Kontakt gehabt hat, da übernimmt man Klischees mit. Außerdem hat sich gezeigt, die einen sind mehr für die Kamera geboren und die anderen für den Hintergrund, so wie bei "normalen" Menschen ja auch. Zusätzlich haben wir im ganzen Bundesgebiet gecastet.

eurovision.de: Wollen Sie eine Brücke bauen?

Horn: Das klingt mir viel zu pädagogisch. Unsere Zuschauer sollen sehen, wie entspannt und locker man mit Behinderten umgehen kann. Wir wollen nicht Gegensätze, sondern Gemeinsamkeiten suchen und sehen, was für reizende Menschen es sind, was für tolle Gedankengänge da manchmal rauskommen und wie ähnlich wir uns doch alle sind.

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eurovision.de: Sie haben in letzter Zeit viel Theater gespielt, etwa in Düsseldorf, wo Sie Shakespeares sämtliche Werke rückwärts gespielt haben. Was nehmen Sie davon mit?

Horn: Nein, nicht ganze Stücke rückwärts! Das sind ja 37 Stücke in zwei Stunden! Ich habe meine weibliche Seite entdeckt, da ich alle Frauenrollen gespielt habe. Ich bin nicht so ein analytischer Typ. Wenn ich etwas angehe, springe ich da komplett rein und dann mache ich das Nächste.

eurovision.de: Wie geht es nach "Guildo und seine Gäste" weiter?

Horn: Wir werden erst einmal vier Sendungen ausstrahlen. Dann schauen wir weiter. Ziel ist nicht unbedingt, eine Riesequote zu erzielen. Sondern: Kommt an, was wir transportieren wollen? Können wir unseren Gästen ein Forum bieten für das, was sie wirklich sind? Parallel bin ich mit meiner Band auf Tour. Dieses Jahr kommt vielleicht noch eine Platte, oder ich spiele mehr am Theater.

eurovision.de: Leben Sie in Köln oder in Trier?

Horn: Ich wohne im Bergischen Land, eine halbe Stunde von Köln entfernt. Da wohnen nur hundert Leute. Wir haben weder eine Kneipe noch ein Geschäft.

eurovision.de: Das vermissen Sie nicht?

Horn: Deswegen bin ich ja dorthin gezogen. Mein Beruf ist aufregend genug, ich bin super viel unterwegs, habe viel Lärm und Musik um die Ohren, viele Leute - was ich auch mag. Andererseits bin ich gerne allein und vor allem gerne in der Natur.

eurovision.de: Essen Sie noch Nussecken?

Horn: Wenn ich bei meiner Mutter bin, kommt neben die gute Tasse Kaffee eine kleine Ecke.

eurovision.de: Was macht Guildo Horn, wenn er in Rente geht?

Horn: Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich habe das Glück, Geld mit Sachen zu verdienen, die mich total interessieren. Ich weiß, worauf ich keine Lust habe. Das sieht man an der Buntheit der Sachen, die ich mache. Ich habe keine Lust, mein eigenes Abziehbild zu werden und mein eigenes Klischee spielen zu müssen, obwohl das medial erwünscht ist. Ich hoffe, dass ich der Weisheit ein bisschen näher komme und zufrieden, vor allen Dingen aber gesund bin. Und ich will Enkelkinder.

eurovision.de: Steht das denn bald an?

Horn: Oh, nein, mein Sohn ist elf. Der muss noch ein bisschen wachsen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 09.05.1998 | 21:00 Uhr

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