Stand: 18.02.2014 11:45 Uhr

Jetzt kommen die Innenausstatter

von Jan Feddersen

Die Nachricht muss nicht verwundern: Die B&W-Halle am allerletzten Zipfel des Gentrifizierungsgebiets im alten Kopenhagener Hafen ist fertig entkernt. Das melden dänische Zeitungen, das gab auch der Kopf der Kopenhagener Stelle für alle städtischen Aktivitäten zum und für den ESC, Søren Therkelsen, bekannt. Das wäre eine gewöhnliche Meldung, die aber früher als erwartet kommt: Wäre es, wie in den vergangenen Jahren, rund um die dänische Hauptstadt schwer winterlich gewesen zwischen Dezember und Februar, hätte man sich sputen müssen: Das dänische Fernsehen DR wollte unbedingt schon Anfang März beginnen ... aber womit?

Aus den beiden ehemaligen Werfthallen ist alles weggeräumt worden, was mit der Fertigung von Schiffen zu tun hatte - Kräne, Schienen und so weiter. Inklusive Lärmisolation soll jetzt alles gebastelt, gezimmert und kabelverlegt werden, was für eine TV-Produktion nötig ist. Am wichtigsten sind hierbei, so erzählten es mir dänische Freunde, die seit Wochen stetig die Entkernung begleitet haben, dass unter der Hallendecke genügend Metallträger installiert werden, an denen sich Lichtquellen installiert lassen - Scheinwerfer und anderes.

Das Gegenteil von Baku

Ich erwähne den Übergang von einer gründlichen Umwidmung eines alten Industriegebäudes zu einer modernen TV-Produktionshalle deshalb, weil diese Hallenkreation das Gegenteil dessen ist, was vor knapp zwei Jahren in Baku am Schwarzen Meer los war. Die aserbaidschanische Regierung beharrt zwar - ähnlich wie die Kommunalpolitiker im russischen Sotschi - darauf, dass für den ESC nur Häuser planiert wurden, deren Bewohner zuvor davon in Kenntnis gesetzt worden waren und die obendrein Ersatzherbergen zugewiesen bekamen. Davon abgesehen, dass in demokratischen Verhältnissen nicht einfach nur "zugewiesen" werden darf, sondern eine lokale Renovierung, eine Stadterweiterung ohne Dialog, ohne politische Teilhabe nicht funktionieren würde, waren die Bakuer Behauptungen immer nichts als eine Lüge: Mit Polizisten und Schlägertruppen wurden die Bewohner der zu planierenden Häuser aus ihren Wohnungen geholt - in etwa so, wie erwähnt, hielten es auch die Regenten Russlands, die Datschen und Miethäuser am Kieselstrand von Sotschi durch massiven Druck dem Boden gleichmachten.

Song Contest im Industriestyle

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In Kopenhagen, das wird man sagen dürfen ohne gleich als hochmütig-westlich gebrandmarkt zu werden, ist die Fläche, auf der die B&W-Halle steht, ein Hafengebiet gewesen. Gegenüber liegt das Schauspielhaus am Rande des Nyhavns, in Nachbarschaft der ESC-Shows wird die sensationell schöne Oper zu sehen sein: Neubauten prestigeträchtigster Absichten, erbaut aber ohne Nachbarschaften zu zerstören. Denn wo Oper und die B&W-Halle steht, gab es nur industrialisiertes Ödland und sonst gar nichts.

Man könnte sagen: Die Dänen machen alles richtig. Und so werden sie es wohl auch mit den ambulanten Gebäuden halten, die zum ESC ebenfalls installiert werden, aber nach der Festwoche wieder abgebaut werden: Container - schätzungsweise für den Pressebereich, für das Catering, für Gepäck verschiedenster Sorte. Die B&W-Halle wird innen nicht auf schick und schal umgewidmet, sondern - so hörte ich - im Industriestyle belassen. Das wird, weil das gerade cool ist, ziemlich gelungen aussehen. Jetzt beginnen die Arbeiten an den Interieurs. Kopenhagen wird sichtbar als demokratisches und ästhetisches Exempel für andere ESC-Plätze, die es noch geben wird. Das gefällt mir!

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 10.05.2014 | 21:00 Uhr