Dänemark, Malta und Island haben gewählt
Drei weitere Länder haben ihre Kandidaten für den Eurovision Song Contest in Malmö gewählt. Unser Experte Dr. Irving Wolther hat sich die Vorentscheide für uns angesehen.
Dänemark: Im Nachthemd nach Malmö
So hätte man sich den Prototyp einer gelungenen dänischen Vorentscheidung auch ausmalen können: Zehn eingängige, mainstreamtaugliche Beiträge werden unaufgeregt und ein bisschen bieder präsentiert von drei jungen Damen. Unter den Titeln mindestens eine dreiste Kopie des Vorjahressiegers sowie ein Song von Thomas G:Son, der bravourös unter Beweis stellt, dass er auch die unoriginellen Facetten der Kompositionskunst beherrscht. Am Ende gewinnt eine Erik-Saade-Doublette. Hätte. Doch die Dänen sind der Versuchung des allzu Naheliegenden nicht erlegen. Stattdessen schickten sie per SMS (eine Telefonabstimmung gab es nicht) die Außenseiterin Emmelie de Forest nach Malmö: mit bittersüßer Amy-MacDonald-Stimme, wehendem Nachthemd und viel Präsenz. Die junge Frau ist angeblich eine uneheliche Nachfahrin von König Edward VII und damit entfernt mit Queen Elizabeth verwandt. Die dürfte darüber not amused sein. Über das keltisch inspirierte "Only Teardrops" schon eher.
Malta: Ein Herz für Nerds
Es ist immer wieder überraschend, über wie viele junge Nachwuchssänger das kleine Malta zu verfügen scheint, während im Gegenzug gerade eine Handvoll immer gleicher Komponisten die nationale Vorentscheidung bestückt – zuzüglich Thomas G:son, der seine eurovisionäre Allgegenwart um ein weiteres Land ausgedehnt hat. Umso erfreulicher, dass nicht nur ein Newcomer-Interpret, sondern mit Boris Cezek und Dean Muscat auch ein bislang nicht ESC-aktenkundiges Autorenduo für Malta nach Malmö fahren wird. Das Publikum favorisierte zwar den Teenie-Liebling Kevin Borg, doch am am Ende der wie immer viel zu langen Show hatte der singende Chirurg Gianluca Bezzina die Nase vorn. Auch Dank der Stimmen der Jury, die ein gutes Gespür für potenzielle Erfolgsaussichten bewies. Denn der federleichte Ukulelen-Popsong "Tomorrow" über einen verliebten Computer-Nerd ist so eingängig, dass man meint, ihn schon seit Jahren aus der Almased-Werbung zu kennen.
Island: Ein glanzloses Leben
Wer nun geglaubt hat, er könne Thomas G:son zumindest bei der isländischen Vorentscheidung aus dem Weg gehen, weil dort nur einheimische Komponisten teilnehmen können, sah sich getäuscht. Zum Einen ist es den Isländern durchaus erlaubt, mit ausländischen Autoren zusammenarbeiten. Zum Anderen sah Sänger Eyþór Ingi Gunnlaugsson dem schwedischen Erfolgskomponisten trotz Barttracht so verblüffend ähnlich, dass man schon fast an eine Parodie hätte glauben können. Dass er die glanzlose Vorentscheidungsshow dann auch noch für sich entscheiden konnte, war der surreale Höhepunkt eines ansonsten unsäglich altbackenen und langweiligen Abends, der Wasser auf die Mühlen der Befürworter von Direktnominierungen gewesen sein dürfte. Die dröge Schmonzette "Ég á líf" (Ich habe ein Leben) von den Autoren Örlygur Smári und Pétur Örn Guðmundsson wird auch mit eventuellem englischen Text in Malmö keine Finallorbeeren ernten.