Stand: 13.06.2016 05:17 Uhr

Esther Ofarim: Glückwunsch zum 75. Geburtstag!

Sie war beileibe keine Amateurin mehr, als sie Ende 1962 vom schweizerischen Fernsehen gefragt wurde, ob sie sich vorstellen könnte, für die Eidgenossen beim Grand Prix Eurovision anzutreten. Ja, sie hatte Lust: An diesem Festival teilzunehmen, also im ganzen westlichen, nördlichen und südlichen Europa bekannt zu werden und sich zu präsentieren, das war ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnte.

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Esther Ofarim sang beim Grand Prix 1963 für die Schweiz. © dpa-Bildfunk Foto: Central Press

1963: Eurovision Song Contest in London

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Esther Ofarim, 1941 in Safed, Israel, zur Welt gekommen, war schon als Gesangssolistin aufgetreten, hatte 1961 das Israeli Song Festival gewonnen, ebenso 1962 mit ihrem Mann Abi das Festival von Zoppot, Polen. Die Welt außerhalb Israels war ihr vertraut, zumal diese später weltberühmte Sängerin 1960 in Otto Premingers Film "Exodus" in einer Nebenrolle aufgetreten war.

Von "Exodus" zum Eurovision Song Contest

Aber das stabilste Fundament für ihre in alle Welt führende Laufbahn war 1963 eben der Auftritt für die Schweiz beim ESC: Mit "T'en va pas" belegte sie den zweiten Platz hinter den Dänen Grethe & Jörgen Ingmann und ihrem "Dansevise".

Vor allem ihre Stimme berührte Millionen. Voller Kraft, dunkel timbriert in den stärksten Höhen und nie süßlich um Sympathien buhlend: Ihre Vokalisen waren die Stärke in allen Liedern, die sie mit ihrem Mann auf allen internationalen Bühnen zur Performance brachte: "Cinderella Rockefella", der Bee-Gees-Titel "Morning Of My Life" oder 1964 bei den Deutschen Schlagerfestspielen der Titel "Schönes Mädchen". Die Karriere der Ofarim hatte ihren Mittelpunkt in der Bundesrepublik: Hier liebte man diese Israelis, diese jüdischen Künstler, die programmatisch wie keine sonst für das standen, was deutsch-jüdische Aussöhnung genannt wurde.

In ihrer Wahlheimat Hamburg zu Hause

Esther Ofarim sang in den 70er-Jahren überwiegend in Israel, verließ ihre zweite Heimat Deutschland aber nie so ganz. In den 80er-Jahren spielte sie mit mächtigem Erfolg am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg in Joshua Sobols Musical "Ghetto" eine der Hauptrollen. Echte Fans der Ofarim erinnern sich freilich an ihren kurzen TV-Auftritt als Sängerin namens Miriam im ZDF-Dreiteiler "11 Uhr 20" - ein sehr schönes Lied, ein paar Worte, große Augen, um dann umgebracht zu werden: Eine schönere Tote gab es im deutschen Fernsehen nie!

Esther Ofarim © picture-alliance Foto: Sven Simon
Esther Ofarim gibt nicht viel Privates preis.

In den vergangenen 20 Jahren war Esther Ofarim nicht verschwunden, nur im Licht der großen TV-Shows steht sie nicht mehr. Neulich sang sie beim Geburtstag des St. Pauli-Theaters in Hamburg. Überhaupt gibt sie hin und wieder Programme in der Stadt an der Elbe, in der sie seit Langem lebt. In den Hamburger Kammerspielen war sie gern zu Gast, beim Kurt-Weill-Fest 2004 in Dessau, in Düsseldorf, Leonburg, München - Esther Ofarim möchte künstlerisch gelten, Privates zu äußern ist nicht ihre Sache. Zu ihrem Geburtstag möchte sie keine Interviews geben.

Sie ist eine der größten Künstlerinnen der frühen ESC-Geschichte, sie hat aus einer überwältigenden Performance mit einem eher durchschnittlichen Lied ein Ereignis gemacht. Am 13. Juni 2016 feierte sie ihren 75. Geburtstag - herzlichen Glückwunsch ihr!

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 23.03.1963 | 21:00 Uhr

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