ESC-Tickets für Wien: Hände weg!

Neulich schrieben mir Freunde, dass ich falsch liege: Tickets gäbe es bereits. Diese würden angeboten unter folgenden Webadressen: Worldticketshop.at und ticketswien.at. Ein Blick zeigt: Hier werden ESC-Tickets für das kommende Jahr in Wien für Preise zwischen 399 und 999 Euro angeboten. Das sind abenteuerliche Tarife, es wären die teuersten Billets in der ESC-Geschichte (abgesehen von den "Sponsorenpaketen"). Kopenhagen, Malmö, Düsseldorf und Oslo: Allesamt ESC-Austragungsorte, die ein Gros der Veranstaltungskosten über das Publikum refinanzieren mussten - und längst nicht so hohe Ticketpreise hatten.
Die Freunde, die neulich auf meinen Kommentar zum nahenden Verkaufsbeginn im Oktober reagierten, sind nicht nur empört, sondern auch verstört. Wie könnte das für jemanden mit einem Durchschnittseinkommen (oder gar darunter) bezahlbar sein? Jenseits sozialkultureller Erwägungen - selbst in den Opern von Wien, Hamburg oder Berlin gibt es zumindest schmale Kartenkontingente, die auch von Schülern und Studenten erworben werden können - steht vor allem fest: Die Anbieter dieser Tickets für den Mai 2015 in Wien haben nichts in der Hand, denn Tickets gibt es noch nicht.
ORF: "Zurzeit noch keine Tickets im Umlauf"

Auf meine Nachfrage schrieb mir der Gastgebersender ORF diese Mail: "Der Ticketverkauf für den 'Eurovision Song Contest' startet voraussichtlich im November. Zurzeit sind noch keine Tickets im Umlauf! Im Internet bereits angebotene Tickets stammen nicht vom ORF oder einem offiziellen Partner des Senders. Alle Infos zum Ticketverkauf werden rechtzeitig auf eurovision.tv und auf ORF.at veröffentlicht." Und auf eurovision.de natürlich auch! Die Stellungnahme des gastgebenden Senders ist eindeutig: Was da angeboten wird, ist heiße Luft.
Wette auf die Zukunft
Aber wie können die Firmen das tun? Es sind Spekulationsaktionen, ließe sich sagen. Beide Unternehmen operieren mit den Ängsten und Sehnsüchten der ESC-Fans. Das ist wie an der Börse: Die heißeste Ware, die am Markt erwartet wird, erklimmt höchste Kursnotierungen. Weil diese Ware, um die es geht, unter Garantie so begehrt ist, dass der Markt nicht alle Wünsche befriedigen kann. Ein Anbietermarkt, könnte man sagen, kein Käufermarkt. Ein Käufermarkt wäre es, wenn die Veranstaltungshalle des ESC 100.000 Zuschauer beherbergen könnte - und erfahrungsgemäß gibt es keine 100.000 Interessierten, die für sehr viel Geld eine Reise zum ESC machen. Was beide oben genannten Firmen zeigen, ist eine eurovisionäre Form des Wertpapierhandels: Man wettet auf die Zukunft.
Eintrittskarten nur über offizielle Kanäle kaufen!
Sietse Bakker, oberster Manager des ESC bei der European Broadcasting Union, hat schon voriges Jahr diese Art von Wertpapierhandel im Zusammenhang mit ESC-Tickets scharf kritisiert: Wer Eintrittskarten erwerben möchte, möge dies vor allem über die offiziellen Kanäle des ESC selbst tun. Manche meinten, als wir dies voriges Jahr schrieben, Bakker und die EBU wollten nur den Reibach allein machen. Ich dachte mir nur: Warum auch nicht? Die finanziellen Risiken des ESC liegen ja bei den Organisatoren selbst. Warum sollen sie also nicht sich über Tickets refinanzieren können?
Offizieller Verkauf vermutlich Anfang November
Was diesen ESC-Vorabspekulationshandel betrifft, muss noch gesagt werden: Wer über diese Quellen sozusagen Anrechte auf Tickets erwirbt, muss die Ticketpreise bezahlen, für die man sich beworben hat. Selbst, wenn die offiziellen Tickets schließlich preisgünstiger sind. Ich würde sagen: Besser Hände weg von inoffiziellen Handelsagenturen und lieber den offiziellen Verkauf Ende Oktober (so vermute ich), Anfang November 2014 abwarten. Schließlich: Noch ist keine Stuhlreihe, sind keine Blöcke, keine Sponsorenlounges in der Stadthalle für den ESC festgelegt. Wie sollten dann schon jetzt Tickets im Spiel sein?