Jamie-Lee Kriewitz brilliert beim Vorentscheid
Als ihr Sieg verkündet wird, schreit sie "Yeah!" und reißt die Arme hoch. Jamie-Lee Kriewitz zögert kurz, weil sie jemanden zum Umarmen braucht, dann findet sie Barbara Schöneberger und fällt ihr spontan um den Hals. Es ist geschafft. Die 17-Jährige aus Bennigsen bei Hannover, die Jüngste im Wettbewerb, lässt alle anderen neun Wettbewerber hinter sich. "Ich bin so happy", strahlt sie in die Kamera und verspricht, die Zeit bis zum Eurovision Song Contest in Stockholm zu nutzen, um ihren Song und ihren Auftritt noch perfekter zu machen.
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"Let's do it manga style", heißt es für Deutschland im Mai beim ESC-Finale in Stockholm: Bei "Unser Lied für Stockholm" ersingt sich die 17-jährige Jamie-Lee Kriewitz mit "Ghost" das Ticket nach Schweden. Und dabei sind die knallbunten Klamotten ein echter Eye-Catcher, sodass jedermann denkt: "Mensch, die ist ja niedlich."
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Weil die Mutti gerade nícht greifbar ist, muss Barbara Schönebergers Hals herhalten. Von ihren Gefühlen überwältigt nimmt Jamie-Lee die Moderatorin in den Würgegriff und verteilt eine innige Umarmung. Zuvor quiekt sie lauthals vor Begeisterung "Yeah!".
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The winner takes it all: Mit 44,48 Prozent der Stimmen verweist "The Voice"-Siegerin Jamie-Lee die Konkurrenz auf die Ränge. Alex Diehl landet mit 33,94 Prozent auf Platz zwei. Die Bombastrocker von Avantasia schaffen es trotz langjähriger treuer Fangemeinde mit 21,58 Prozent nur auf Platz drei.
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Doch der Reihe nach: Ella Endlich muss als Erste ins Rennen - mit einer Performance, wie man sie beim ESC häufig sieht. Und bei Helene-Fischer-Konzerten.
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"Adrenalin" heißt der Song von Ella Endlich. Dieses Hormon entsteht sicherlich bei manchem allein vom Zuschauen. Enger Rock, durchsichtiges Oberteil. Ella gibt alles.
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Die eine haut in die Tasten, die andere trommelt: Das Geschwister-Duo Joco singt seinen Song "Full Moon" vor einem digitalen Vollmond: gut hörbarer Singer-Songwriter-Pop.
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Man glaubt sofort, dass die beiden ihr aktuelles Album in den Londoner Abbey Road Studios in einem Rutsch eingesungen haben. Jeder Ton sitzt.
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Sechs Mönche singen Choräle. Trotzdem klingt es wie Popmusik. Sowas wie Gregorian gab es beim ESC noch nicht.
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Fackeln kommen zum Einsatz, Luftschlangen, Pyrotechnik. "Wir machen eigentlich zu viel!", sagt Gregorian-Produzent Frank Peterson, grinst dabei aber sehr stolz.
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Der Sänger von Woods of Birnam, Christian Friedel, gibt alles. Er liefert sich während seines Auftrittes sogar einen Kampf mit der Windmaschine.
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Das besondere Etwas kommt von den hohen Noten des Keyboarders, der die zweite Stimme singt. Seine Vergangenheit bei der Band Polarkreis 18 - die mit "Allein allein" bekannt wurde - ist nicht zu überhören.
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Die Band Luxuslärm steht beim Vorentscheid für Deutschpop. Der Song "Solange Liebe in mir wohnt" findet sich auch in der Bühnendeko wieder: Im Hintergrund wird ein großes rot-lilafarbenes Herz projiziert.
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Bei den Proben war Sängerin Jini Meyer noch unglücklich über ihr Outfit. Die Rettung sollte Weiß sein. Immerhin: eine bewährte Farbe beim ESC. Den Sieg hat's aber nicht gebracht.
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Die Band Keøma performt so cool, als würde sie im Proberaum singen und nicht beim ESC-Vorentscheid.
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Mit ihrem Song "Protected" präsentieren Keøma einen ungewohnten Sound beim Vorentscheid. Sie selbst bezeichnen ihn als intim, traurig und minimalistisch.
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Nach dem ruhigen Sound von Keoma mischen die Bombastrocker von Avantasia den Saal richtig auf.
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Man merkt dem Sänger Tobias Sammet und dem mehrstimmigen Chor die Routine an. Kein Wackeln, keine Unsicherheit.
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Der Auftritt von Alex Diehl ist minimalistisch und emotional. Er singt seinen Song in drei Sprachen und am Ende stehen ihm die Tränen in den Augen.
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Für den Vorentscheid war Alex Diehl extra beim Maßschneider. Er wollte endlich mal ein Sakko tragen, bei dem die Knöpfe zugehen.
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Die jüngste Teilnehmerin Jamie-Lee Kriewitz tritt auf wie ein alter Profi. In Vergleich zu früheren Shows steigert sich die 17-Jährige noch einmal.
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Ihr Song "Ghost" kommt gut an und ist derjenige im Wettbewerb, der dem aktuellen Zeitgeist am meisten entspricht.
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Laura Pinski meistert den Siegel-Song bestens. Die 19-Jährige trägt ein strassbesticktes Kleid, auf das viele Lichter und Farben projiziert werden.
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Ihr Song "Under The Sun We Are One" verbindet klassische Siegel-Melodien mit einer ESC-bewährten Friedensbotschaft.
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Jetzt singt sie auch noch: Moderatorin Barbara Schöneberger liefert zu Beginn der Vorentscheid-Show ein Medley aus verschiedenen ESC-Songs und ESC-Momenten ab.
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Und sie verrät, dass sie die Kandidaten vor der Show immer und immer wieder hat aufsagen lassen: "Wenn ich gewinne, fahre ich auch zum ESC." Damit da dieses Mal nix schiefgeht.
Jamie-Lee Kriewitz: Nervös, aber mit jeder Runde besser
Der Auftritt bei "Unser Lied für Stockholm": Die ganzen drei Minuten lang ist sie voll bei sich. Ihre Nervosität spüren die Zuschauer nicht. "Ich bin froh, dass ich nicht in Ohnmacht gefallen bin", beichtet sie hinterher. Sie trifft jeden Ton, lächelt in die Kamera, legt einen perfekten Auftritt hin. Im Finale stimmen 44,5 Prozent der rund 1,12 Millionen Anrufer für Jamie-Lee. Auch der Zweitplatzierte strahlt übers ganze Gesicht. "Ich bin mit den Nerven völlig blank", sagt Alex Diehl, der eher damit gerechnet hatte, am Ende des Feldes zu landen. Er erreicht im Finale 33,9 Prozent der Stimmen. Die Hardrocker der Band Avantasia werden mit 21,6 Prozent Dritte.
In Stockholm noch opulenter?
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"Ich hab unheimlich viel Bock nach Stockholm zu fahren!", sagt Jamie-Lee nach der Show, der es übrigens gar nicht auf die Nerven fällt, mit Lena vergleichen zu werden. Immerhin sind beide 17, als sie den Vorentscheid gewinnen. Noch vor dem ESC in Stockholm wird Jamie-Lee aber ihren 18. Geburtstag feiern. "Ich werde dort meinem Stil treu bleiben", sagt sie mit Blick auf die große Show im Mai. Grundsätzlich will sie ihren Auftritt dort genauso anlegen wie beim Vorentscheid - vielleicht noch etwas opulenter: "Ich mag's, wenn's viel ist. Ich mag's wenn's auffällig ist!"
Jüngste Gewinnerin von "The Voice"
Vor einigen Monaten ist Jamie-Lee, die großer Fan asiatischer Popkultur ist, noch ganz und gar unbekannt. Sie bereitet sich auf das Abitur vor. Dann bewirbt sie sich bei der Castingshow "The Voice of Germany". Schon dort sind quietschbunte Kleider im Manga-Stil ihr Markenzeichen. Jamie-Lee kommt Runde für Runde weiter, präsentiert im Finale den Song "Ghost" und verlässt die Show als jüngste Gewinnerin in der Geschichte der Sendung. Schon am Morgen nach ihrem Sieg bei "The Voice" wird Jamie-Lee gefragt, ob sie an der Vorentscheidung für den ESC in Stockholm teilnehmen will.
Promo-Tour statt Schule

Alles, nur nicht gewöhnlich - das Outfit der deutschen ESC-Hoffnung Jamie-Lee Kriewitz.
Bis nach Stockholm sind noch einige Wochen Zeit. Vorher beginnt für Jamie-Lee eine Promo-Tour durch Deutschland und Europa. Ein Nachteil des kometenhaften Aufstiegs: Die Schule muss erst einmal warten. Schon während der Castingphase für "The Voice" hat Jamie-Lee sich eine Auszeit genommen. Aber ihr Abitur will sie auf jeden Fall noch machen. "Und weil es ein gutes Abi werden soll, will ich mich drauf konzentrieren", sagt sie selbstbewusst. Aber erst einmal liegt der Fokus auf Stockholm. Dort hat sie am 14. Mai einen Termin, der sicherlich noch aufregender ist als das mündliche Abitur: das Finale des Eurovision Song Contest.
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