Stand: 21.12.2012 17:00 Uhr

"Man muss jeden Einzelfall prüfen"

Herr Schreiber, die Kandidaten für Hannover sollen ein breites Feld zeitgenössischer Popmusik repräsentieren. Ist dieser Vorentscheid für Malmö 2013 auch eine Abgrenzung der ARD zu Castingformaten? Oder gilt der Verzicht auf ein Casting von Unbekannten nur für einige Jahre?

Thomas Schreiber, ARD Koordinator Unterhaltung © NDR Foto: Marcus Krüger
ARD Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber ist davon überzeugt, dass es unter den Vorentscheid-Kandidaten potenzielle ESC-Gewinner gibt.

Thomas Schreiber: Unser Feld ist ja recht groß, von Cascada über LaBrassBanda, Mojca Erdmann, den Priestern zu den Söhnen Mannheims, Ben Ivory und Mobilée. Aber im Ernst: Schauen Sie sich Casting-Sendungen doch an. Können Sie sich an einen Namen erinnern? Ich nicht.

Warum dann "Unser Star für Oslo" oder "Unser Star für Baku"?

Schreiber: Das waren keine Casting-Sendungen, sondern jeweils ein Sprungbrett für junge, musikalische Talente. Dass Lena ohne ESC-Teilnahme solch ein gutes drittes Album wie "Stardust" hingelegt hat, zeigt doch, mit welchem Anspruch an Nachhaltigkeit - um mal ein Modewort zu zitieren - hier gearbeitet wird.

Gibt es irgendwann eine neue Talentsuche?

Schreiber: Derzeit nicht, aber das ist ja kein Grund, in ein paar Jahren nicht noch einmal zu schauen, ob es nicht da draußen eine neue Lena gibt.

Zurück zur Vorentscheidung am 14. Februar: Wann werden die Lieder zu den Interpreten veröffentlicht? Wird es ein Internetvoting geben?

Schreiber: Die Songs werden in den Wochen nach Weihnachten veröffentlicht. Einige Lieder sind schon fertig, an anderen wird noch sehr intensiv gearbeitet. Und: Ja, ein Internetvoting gibt es, aber nicht während der Live-Show, sondern in der Woche vor dem 14. Februar - in dieser Zeit können die Hörer der Radiostationen auf den Webseiten der Radios online ihre Stimme abgeben. Die Radiohörer haben - neben der Jury und den Fernsehzuschauern - erstmals ein Drittel der Stimmen.

Geht die Interpretation zu weit, wenn man sagt: Der nächste Vorentscheid könnte tatsächlich der Auftakt zu einer deutschen Variante vom Melodifestivalen in Schweden sein?

Schreiber: Damit liegen Sie genau richtig.

Ist Ihr Ziel für Malmö - wie in den vergangenen Jahren - zu gewinnen? Oder reicht für die Reputation im eigenen Land auch eine gute Platzierung, etwa unter den Top 10?

Schreiber: Wer nicht gewinnen will, sollte besser gleich zu Hause bleiben. Klar ist unser Anspruch, dass wir nächstes Jahr gewinnen wollen. Wir wollen den Pokal zurück nach Deutschland holen. Und ich wüsste auch schon, mit welchen Liedern das möglich sein könnte.

Welche werden Sie vermutlich nicht verraten?

Schreiber: Richtig!

Etliche Länder haben für den 58. Eurovision Song Contest bereits abgesagt - neben Portugal und Polen nun auch die Türkei. Ist Ihnen das einerlei oder beobachten Sie diese Rückzüge mit Sorge?

Schreiber: Mit sehr großer Sorge sogar. Ich bin als Mitglied der Reference Group des Eurovision Song Contest (das europäisch besetzte Leitungsgremium des ESC, Anm. d. Red.) dazu auch bereits im Austausch mit der EBU.

 

Das Interview führte Jan Feddersen, eurovision.de

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 18.05.2013 | 21:00 Uhr