Stand: 22.04.2016 10:14 Uhr

Frans: Projekt Titelverteidigung?

Man muss mit ihm rechnen. Zwar taucht sein Name nicht unter den Top 5 der eurovisionären Fanclubabstimmungen auf, aber was heißt das schon? Es sind Fans, die über ihre Lieblingslieder abstimmen. Denn bei den Wettern liegt er auf Platz drei: Frans, diesjähriger ESC-Kandidat Schwedens. Manche zählen sein Lied "If I Were Sorry" zu den großen Nummern des 61. ESC in Stockholm - es ist eigenwillig, lebt nicht von Schmettertremolo, Pyro und Trickkleidern, dafür von Sprechgesang, Sneakers und Wollmütze. Aber liegt eine Titelverteidigung mehr als im Bereich des Möglichen?

VIDEO: Frans im ESC-Songcheck (10 Min)

Okay, eine Titelverteidigung als solche gibt es nicht, weil ja nicht Länder konkurrieren, sondern Sänger und Sängerinnen - und die sind meist von Jahr zu Jahr verschieden. Aber insgeheim wird es doch so verstanden: Kann ein Land zwei Mal hintereinander gewinnen? Möglich ist es, aber unwahrscheinlich - zumal im Vergleich mit den frühen Jahren des ESC. Damals konkurrierten sehr viel weniger Länder als in jüngerer Zeit. Dieses Jahr nehmen 43 Länder teil, 1956 waren es lediglich sieben.

Spanien, Luxemburg, Israel …

Drei Ländern ist es immerhin schon gelungen: Spanien gewann mit Massiel 1968 und schaffte mit Salomé im Jahr darauf in Madrid ebenfalls den ersten Platz - wenngleich sie sich den Sieg mit drei Konkurrentinnen teilen musste. Luxemburg gelang der Doppelsieg 1973 mit Anne-Marie David, nachdem im Jahr zuvor Vicky Leandros für das Großherzogtum siegen konnte. Und Israel schaffte das Kunststück 1979 in Jerusalem gleichfalls, damals mit Gali Atari und Milk & Honey mit "Hallelujah". Im Vorjahr errangen Izhar Cohen und The Alphabeta in Paris den ersten israelischen Sieg. Irland toppte diese Titelverteidigungen, als es drei Mal hintereinander die Nase vorn hatte: 1992 mit Linda Martin in Malmö, Niamh Kavanagh gewann 1993 und Paul Harrington und Charlie McGettigan 1994 mit "Rock 'n' Roll Kids".

Abermals zu gewinnen ist also schwer. Meist landeten die Lieder des Gastgebers unter ferner liefen, manchmal ganz weit hinten wie Christer Björkman 1992 in Malmö, öfter aber im Mittelfeld. Manche hingegen schafften als Titelverteidiger immerhin noch den Sprung unter die Top 3. Frankreich gewann 1958 und wurde 1959 Dritter. Großbritannien siegte mit Sandie Shaw 1967 und kam mit dem favorisierten "Congratulations" von Cliff Richard auf den zweiten Rang. 1969 gewann Lulu für das Vereinigte Königreich, Mary Hopkin schaffte 1970 den Sprung auf Platz zwei. Großbritannien wiederum siegte mit Brotherhood of Man 1976, Lynsey de Paul & Mike Moran wurde im Jahr darauf Zweite. Nach Marie Myriams Triumph 1977 folgte für Frankreich ein dritter Platz 1978. Norwegens Gastgeberrolle 1996 wurde nach dem Sieg 1995 mit "Secret Garden" durch einen zweiten Platz von Elisabeth Andreassen versüßt.

Irland Zweiter - und der Anfang vom Niedergang

Nachdem Irland 1996 durch Eimear Quinn schon wieder gewonnen hatte und in Dublin 1997 zum ESC luden, gelang noch ein zweiter Platz: Marc Roberts zweiter Platz markierte zugleich auch das Ende der irischen Eurovisionsherrlichkeit - ein Top-3-Resultat schaffte das Land seither nie wieder. Last but not least: In Birminghamm 1998, als Guildo Horn für Deutschland Siebter wurde, belegte die Britin Imaani den zweiten Platz, nachdem 1997 Katrina & The Waves haushoch gewonnen hatten. Das letzte Land, das als eurovisionärer Gastgeber nicht ganz enttäuscht wurde, war Dänemark: Nach den Olsen Brothers als Sieger des Jahres 2000 belegte Rollo & King in Kopenhagen 2001 den zweiten Platz.

Die Wahrheit in diesem Zusammenhang ist auch: Kein Gastgeberland wollte und will den ESC zweifach oder, wie Irland, dreifach hintereinander ausrichten. Ein ESC-Projekt band und bindet für jede TV-Station viel zu viele technische Kräfte und finanzielle Ressourcen. Der ESC ist tendenziell für jede gastgebende Stadt ein Zuschussgeschäft, allen Zuschüssen der EBU-Mitglieder zum Trotz.

Lieber Zweiter werden

Am liebsten haben es alle, als Vorjahressieger gut, aber nicht siegreich abzuschneiden. Das hinterlässt beim Publikum in der Veranstaltungshalle und vor den Bildschirmen der Gastgebernation gute Gefühle - ohne im nächsten Jahr abermals Logistik und Finanzen stemmen zu müssen.

Schweden, so heißt es, wäre über einen Sieg von Frans beglückt. Man scheut in diesem Land weder Mühen noch Kosten, sich als Pop-Nation zu präsentieren. Unwahrscheinlich bleibt eine Titelverteidigung, aber "If I Were Sorry" hat das Zeug hierfür.

Weitere Informationen
Der königliche Palast in Stockholm © Visit Stockholm Foto: Jeppe Wikström

Stockholm - Eine echte ESC-Stadt

Eine Stadt mit Eurovisions-Geschichte: 2016 kommt der ESC zum dritten Mal nach Stockholm. Die schwedische Hauptstadt hat mit vielen Sehenswürdigkeiten den ESC-Fans viel zu bieten. mehr

Schweden  Foto:  Britta Pedersen

ESC-Land Schweden: Teilnehmer, Ergebnisse und Infos

Schweden gleich Abba - diese Gleichung ist die wohl bekannteste des ESC. Dabei hat das skandinavische Land immer wieder Europa mitgerissen und so mehrfach den Sieg geholt. mehr

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 14.05.2016 | 21:00 Uhr