Stand: 20.12.2013 11:03 Uhr

Kein Song aus Sarajevo

Maya Sar aus Bosnien-Herzegowina auf der Bühne © NDR Foto: Rolf Klatt
Zuletzt trat Bosnien-Herzegowina 2012 mit Maya Sar beim ESC an.

Vorsorglich hatte der Sender aus Sarajevo schon zugesagt, aber nun hat die Rundfunkanstalt BHRT nach einer Sitzung des eigenen Direktorenkreises beschlossen: Bosnien-Herzegowina wird im kommenden Jahr in Kopenhagen nicht beim Eurovision Song Contest dabei sein. Als Grund wird finanzielle Knappheit angeführt - das ist der gleiche, den auch Serbien, Kroatien und Zypern nennen. BHRT hatte schon zugesagt, um die Anmeldefrist zu wahren. Jetzt, so erklärt sich die Sitzung zu den Finanzplanungen kurz vor den Feiertagen, musste noch einmal gerechnet werden. Üblicherweise stehen die Budgets von Unternehmen kurz vor Beginn der neuen Jahresrechnungsperiode längst fest.

Die Sitzung Anfang der Woche sollte schnell klären, ob es nun geht, eine Delegation nach Dänemark zu schicken oder nicht: Es galt, die Frist zu wahren. Die liegt Anfang des kommenden Jahres – sagt ein Land danach ab, muss es eine Art Strafgebühr bezahlen. So wie es die Slowakei vor ein paar Jahren ergangen wäre. Der Sender in Bratislava hatte für den ESC angemeldet, sich aber erst nach der damaligen Frist abmelden wollen. So blieb man im Teilnehmerfeld.

Das wollte aber BHRT nicht: Selbst eine fällige Gebühr wäre dem Sender wohl zu viel. Das Finanzielle ist ja bei allen ESC-Ländern ein akkurat dunkel gehaltenes Ding. Aber so viel ist sicher: Eine ESC-Teilnahme bedeutet nicht allein die Übertragung von zwei TV-Shows (Halbfinale und Grand Final), sondern auch die Kosten der Vorentscheidung und und und. Obendrein muss jeder teilnehmende Sender zustimmen, einen ESC auch auszurichten, wenn der eigene Act gewinnt. Das alles ist für BHRT offenbar zu riskant. Immerhin will man in Sarajevo alles daran setzen, wenigstens die Live-Übertragung sichern zu können. Die ist nicht gratis, natürlich nicht. Man wird, damit ist zu rechnen, wohl auf einen Livekommentar direkt aus Kopenhagen verzichten.

Ich bedaure das Fehlen dieses Landes besonders, weil es von allen Staaten, die aus dem früheren Jugoslawien hervorgegangen sind, die meisten der musikalisch interessanten Beiträge geschickt hatte. Nie fand man sich - seit dem Debüt 1993 - auf dem ersten Rang wieder, aber gute Plätze waren meist der Fall. 1999 Dino & Beatrice, Fazla 1993, Hari Mata Hari 2006 (mit dem 3. Rang das beste Resultat dieses Landes), vor allem Elvir Lakovic Laka 2008 oder auch Vukašin Braji? 2010 – sie alle waren besonders und haben überdurchschnittlich performt. Schade, dass diese Tradition schon im zweiten Jahr hintereinander nicht fortgesetzt wird.

An der Stornierung der Zusage von BHRT ist gut zu erkennen, dass es, anders als in Nord- und Mitteleuropa, südosteuropäischen Ländern schwer fällt, die ökonomische Krise in Europa zu bewältigen. Wenn Griechenland, das noch nicht abgesagt hat, doch dabei sein sollte, wäre das ein europäisches, europazugewandtes Zeichen. Bosnien-Herzegowina hatte vielleicht keine Wahl: Geiz ist dort nicht geil, sondern eine Notmaßnahme offenbar.

P.S.: Nach dem “Nein, doch nicht” aus Sarajevo, aber immerhin der Zusage aus Warschau, sind es 37 Länder, die in Kopenhagen repräsentiert sind.

 

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 10.05.2014 | 21:00 Uhr