Stand: 12.06.2014 10:53 Uhr

Zur Erinnerung an André Popp

Jan Feddersen  Foto: Christian Spielmann
Der große französische Komponist André Popp ist im Alter von 90 Jahren gestorben. ESC-Experte Jan Feddersen (Bild) erinnert an den Musiker.

1967 fragte ihn das luxemburgische Fernsehen, ob er für eine sehr junge, aparte Interpretin ein Lied für den Eurovision Song Contest schreiben könne. André Popp sagte umgehend zu, nachdem er sich ein wenig über die Aura der Künstlerin kundig gemacht hatte. Für Vicky Leandrosschrieb er schließlich einen der größten Erfolge der ESC-Geschichte überhaupt: "L'amour est bleu". In der Instrumentalfassung von Paul Mauriat gelang dieser Komposition sogar der einzige wirkliche Top-Hit aus französischer Produktion, der es je an die Spitze der US-Charts gebracht hat.

Popp hatte in in jenem Jahr schon eine famose Karriere beim Grand Prix Eurovision de la Chanson hinter sich. 1960 schrieb er den Siegestitel "Tom Pillibi" für Jacqueline Boyer, 1964 dann für Rachel "Le chant de Mallory", die mit diesem Lied den vierten Platz schaffte. 1975, im Jahr nach Abbas Triumph mit "Waterloo", ging er für Monaco letztmals ins ESC-Rennen, aber Sophies "Une chanson c'est une lettre" landete eher enttäuschend auf dem 13. Rang.

Vicky Leandros © NDR/Lobo Media Foto: NDR/Lobo Media
Mit "L'amour est bleu" reichte es für Vicky Leandros im Jahr 1967 zwar nicht für den ESC-Sieg, aber für einen guten vierten Platz.

Der größte Erfolg blieb jedoch "L'amour est bleu" - einerlei ob mit Vicky Leandros oder in der Instrumentalfassung durch das Orchester Paul Mauriat: Ein Lied, das tatsächlich global funktionierte und auch in der unmittelbaren Zeit nach der Veröffentlichung noch im Radio gespielt wurde. Für die griechische Hamburgerin Leandros war es der stärkere Hit als das spätere Siegeslied "Après toi". Ihr "L'amour est bleu" begründete international ihren Ruf als Interpretin geschmackvoller, gediegener, nicht allzu lärmender Lieder - ihrem aus ihrer Sicht bedauerlichen vierten Platz in der Wiener Hofburg zum Trotz.

Popp war als Komponist ein Spezialist für die sinfonischen Klänge - mit starker Neigung, sphärische Tonspuren zu arrangieren: Harfen, Zimbeln, Glöckchen. Instrumente, die im fetten Orchestersound gewöhnlich untergehen, prononcierte er in seinen Liedern hörbar und stark. Seine Prägung erhielt der Mann, 1924 geboren in Fontenay-le-Comte in der Vendée, durch Kirchenmusik. Im Erwachsenenleben arbeitete er jedoch im Entertainment. Er schrieb jenseits des ESC für sehr viele Sänger und Sängerinnen, etwa für Juliette Gréco und Marie Laforêt.

André Popp, eine der strahlendsten Figuren in der Hall of Fame des ESC und einer der wichtigsten französischen Komponisten des 20. Jahrhunderts, ist, wie man einem kurzen Nachruf in der britischen "Times" entnehmen kann, am 10. Mai 2014 im Alter von 90 Jahren in Puteaux, Hauts-de-Seine, gestorben. Er wird mit seinem Werk in Erinnerung bleiben.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 29.03.1960 | 21:00 Uhr