Stand: 17.05.2019 18:54 Uhr

Jugendliche musizieren für die Menschenrechte

von Simone Horst

Das Israel Goldstein Youth Center liegt in den Hügeln von Jerusalem umgeben von Pinienbäumen, Blumen und einem kleinen Teich. In diesem Internat lernen und leben rund 550 israelische Schüler. Jetzt, zur Mittagszeit ist es ruhig, die Schüler sind noch in den Klassen und werden bald alle zum Mittag in den Essenssaal aufbrechen. Für die kommenden Tage gesellen sich rund 40 weiteren junge Menschen zu den Schülern hinzu - sie kommen aus Deutschland, Portugal, Serbien, Bosnien und Italien. Für die nächsten Tage wird das Internat eine Begegnungsstätte und der Heimatort des Projekts "Music for Human Rights".

Seit 2015 treffen sich mehrfach im Jahr musikalisch talentierte junge Leute in verschiedenen Ländern und musizieren miteinander. Sie werden in drei Bands aufgeteilt, jammen zusammen und kreeieren neue Musik. "Das Projekt ist jedes Mal an ein Festival oder ähnliches gekoppelt und unter dem Motto steht dann das Projekt", erzählt Slava, der musikalische Leiter des Internats. "Zum Beispiel haben wir vor ein paar Jahren in Italien mit dem Torino Film Festival zusammengearbeitet. Da haben die Teilnehmer Musik zu Filmausschnitten komponiert."

Musik ist die gemeinsame Sprache

Arne aus Berlin ist Teilnehmer des Projekts "Music for human rights" im Goldstein Youth Village in Jerusalem, Israel.  Foto: Claudia Timmann
Student Arne aus Berlin ist schon zum sechsten Mal bei dem Projekt dabei.

Dieses Mal in Israel, steht das Projekt unter dem Motto des Eurovision Song Contest und was Europa für die Teilnehmer bedeutet. "Die Musiker finden eine gemeinsame Sprache in der Musik. Sie musizieren zusammen, die essen zusammen, wohnen und trinken zusammen. Sie lernen etwas über die anderen und auch über sich selber", sagt Eva Hasson, die Leiterin des Internats. Das sehen auch die Teilnehmer so. Mariana aus Portugal war schon mehrfach dabei und ist diesmal als Gruppenleiterin der portugiesischen Gruppe mit in Israel. "Man lernt andere Meinungen und Standpunkte kennen", sagt die 36-Jährige. "Auch wenn man nicht immer die gleiche politische Meinung vertritt, hier ist man im direkten Kontakt miteinander und alle sind offen." Auch Arne aus Berlin findet, dass das Projekt dazu beiträgt Vorurteile gegenüber anderen abzubauen: "Wir sind alle unterschiedlich, aber wir haben alle etwas gemeinsam - besonders die Musik." Der 27-jährige Student konnte auch Vorurteile gegenüber dem Gastgeber Israel abbauen. "In meinem Freundeskreis wird Israel oft auch kritisch gesehen. Wenn man hier herkommt, hilft es zu verstehen, dass viele Sachen von Außen einfacher aussehen, als sie wirklich sind." Das freut auch die israelische Sängerin Naomi. Sie war selber Schülerin am Internat und arbeitet jetzt in einem Jugend-Musikclub. Sie hofft den anderen zeigen zu können, "dass es bei dem Konflikt keine richtige und falsche Seite gibt. Es gibt keine schnelle Lösung". Auch die Israelin hat viel über die anderen Länder gelernt. "In Israel wird Europa immer so dargestellt, als ob es dort keine Probleme gäbe. Aber das stimmt nicht. Jedes Land hat seine eigenen Probleme. Das war interessant zu sehen."

Proben und spontane Jamsessions

Jam Session beim Besuch des Projekts "Music for human rights" im Goldstein Youth Village in Jerusalem, Israel.  Foto: Claudia Timmann
Die Musiker proben eine Woche lang jeden Tag und treffen sich für spontane Jamsessions.

Eine Woche lang werden die jungen Musiker zusammen Musik machen. "Sie proben von 9 bis 17 Uhr. Und dann gibt es oft noch spontane Jamsessions", erzählt der musikalische Leiter Slava. "Es ist toll zu sehen, dass die Teilnehmer auch nach dem Projekt miteinander in Kontakt bleiben." Das bestätigt auch Arne. Der Berliner ist zum dritten Mal dabei und will sich bald mit ehemaligen Teilnehmern zum Wandern treffen. Die Teilnehmer werden in jedem Land von unterschiedlichen Leuten ausgesucht. In Israel übernimmt die Aufgabe Slava selbst. Die deutschen Musiker gehören alle zum Jugendverein "Roter Baum Berlin". Martin Kleinfelder, der Leiter des Vereins, ist einer der Gründer des "Music for Human Rights"-Projekts.

Techno und "Die Ärzte" - typisch für Deutschland

Eva Hasson ist die Leiterin des Internats "Israel Goldstein Youth Center" in Jerusalem, Israel.  Foto: Claudia Timmann
Eva Hasson ist Leiterin des Internats "Israel Goldstein Youth Center" in Jerusalem.

Am Ende der Woche werden die drei Band jeweils ein Musikvideo produzieren und ihre Musik bei einer Aufführung vorstellen. Da das Israel Goldstein Youth Center dieses Jahr sein 70-jähriges Jubiläum feiert, gibt es noch eine extra Aufführung: Jedes Land wird Musik vorstellen, die für das Land typisch ist. Das stellt die deutsche Gruppe vor eine Herausforderung. "Ich habe bei den letzten Malen festgestellt, dass alle anderen viele Volkslieder haben, die sie singen und wir nicht", sagt Arne. "Das hat bestimmt etwas mit der NS-Zeit und auch der DDR-Zeit zu tun, wo es oft eine Art zwanghaftes Singen gab." Aber die Musiker haben sich schon Gedanken gemacht. "Wir wollen mit klassischem Piano anfangen. Dann wollen wir Lieder wie "Ich habe noch einen Koffer in Berlin" singen. Techno spielt definitiv auch eine Rolle." Außerdem soll noch "Schrei nach Liebe" von den Ärzten Teil des Auftritts werden.

Wie die Musik aussehen wird, die in den nächsten Tagen entstehen soll, wissen sie noch nicht. "Es gibt immer viele Blechbläser. Wir haben einen tollen Pianisten", sagt Arne. "Ich rappe, also wird auch Hip Hop eine Rolle spielen. Es wird sehr gemischt sein." Vielleicht proben hier die ESC-Teilnehmer der nächsten Jahre. Das diesjährige Song-Contest-Finale soll auf jeden Fall auf einer Leinwand für alle übertragen werden.

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Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 18.05.2019 | 21:00 Uhr

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