Stand: 26.02.2014 21:30 Uhr

Gebündeltes Talent

von Jan Feddersen

Die zehn Acts des Clubkonzerts - stattfindend im einst wirklich ziemlich berüchtigten Edelfettwerk, in einer abseitigen Gegend Hamburgs - laufen seit letzter Woche bei mir auf Heavy Rotation. Was soll ich sagen? Alle klingen potenziell ESC-mäßig; alle wären auch vorstellbar als, beispielsweise, maltesische, zypriotische, finnische oder irische Lieder. Und: Alle Lieder haben etwas Attraktives. Als Zehn-Lieder-Tonspur für jede "Wiedergabeliste" geeignet. Keine Band, keine Sängerin, kein Sänger, der als irrig herausfällt. Das ist ein Fortschritt.

Alle zehn sind ESC pur

Man merkt allen an, wie sehr sie um ihre Kunst ringen, wie extrem ambitioniert sie ihr Werk verrichten. Da ist nichts mehr vom Lieder lediglich abspulenden Zynismus, den man noch in den achtziger Jahren, gelegentlich auch in den Vorentscheidungen 1996 und 1997, ertragen musste: Niemand verströmt - unbewusst - diese gewisse Giftigkeit. So von wegen: Ich stehe hier und könnte auch anders. Nein, mein Eindruck ist, dass die überwiegend als Amateure tätigen Musiker und Musikerinnen die Idee des ESC nicht nur verstanden haben, sondern geradezu verkörpern.

Die Kandidaten stehen auf leise Töne und Gitarren

Vorteile werden Donnerstag am späten Abend aber alle haben, die eher leise als dröhnend singen, mehr hauchen und winseln und bangen und flehen. Wer ohne Gitarre auftritt, hebt sich auch schon mal von der Mehrheit der zehn Lieder ab. Wer wenigstens ein bisschen auf die Pauke haut - das ist nur ein Spruch, es ist ja kein solches Instrument dabei, was auch schade ist - hat Chancen, unterschieden zu werden und damit als besonders zu gelten. Man könnte sagen: Schade, dass nicht ein Vorschlag darunter ist, der an LaBrassBanda erinnert. Aber das macht nix, live ist ohnehin anders. Live? Ja, durch den klassischen Modus müssen sie hindurch. Die Stimmen müssen immer direkt "gezeigt" werden, Hilfe vom Band ist nicht erlaubt.

Bitte keine Starallüren

Die Sängerin Ambre Vallet. © NDR/Rolf Klatt Foto: Rolf Klatt
Ambre Vallet gehört zu den ruhigen Vertretern im Ringen um die Wildcard.

Worauf es für alle Kandidierenden ankommt, ist insofern einfach – wie Bertolt Brecht mal sagte: "Das Einfache, das schwer zu machen ist" (und das die österreichische Band Schmetterlinge beim ESC 1977 gern zitierte) - zu beschreiben: Sie sollen natürlich und echt klingen, aus sich herausgehen und uns, dem Publikum, das Gefühl geben, es ernst zu meinen. Um eine wahre Chance nachzusuchen, nicht nur etwas - sich! - abzuspulen. Ich habe keinen Tipp für Donnerstag Abend, aber mir gefallen Bartosz und Ambre Vallet besonders gut, auch Simon Glöde und Caroline Rose (mondän, ihr Lippenstift!). Sie sind mehr als nur begabt für diesen Moment. Was sie alle nicht dürfen, ist: Star spielen. Sondern lieber, über das Momentum des Abends, einer werden! Denn die nächste Etappe ist ja klar, und es ist wirklich nur eine Etappe: Köln, 13. März. Diese Mauer zu überwinden... Egal: Jetzt geht es erstmal um das Clubkonzert. Das ist für alle der Berg, der gerockt werden muss.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 13.03.2014 | 20:15 Uhr