Abgeordnete und Minister: ESC-Kandidaten in der Politik

Jay Aston (r.) gewann 1981 für Großbritannien den ESC - und möchte jetzt ins Parlament gewählt werden.
Beim Eurovision Song Contest 1981 in Dublin sorgte eine Band besonders für Furore. Bucks Fizz aus Großbritannien gewannen diesen ESC mit knappem Vorsprung vor Lena Valaitis aus Deutschland - und das mit einem schnellen Popsong, einer einstudierten Choreografie und den ersten Trickkleidern der ESC-Geschichte. Die Band besteht mit wechselnden Mitgliedern bis heute. Sängerin Jay Aston macht nun aber weniger mit Musik als mit Politik Schlagzeilen. Sie möchte bei Wahlen im Vereinigten Königreich für die Brexit Party antreten und ins Parlament kommen. "Als Mitglied des Parlaments werde ich daran arbeiten, Vertrauen zurückzugewinnen und der Brexit Party dabei helfen, die nötigen Reformen zu machen, um das Land zu einen, nachdem wir uns von der EU befreit haben", sagte Aston nach ihrer Nominierung.
-
Fred Buljo war Teil der norwegischen Gruppe KEiiNO beim ESC 2019. Von 2013 bis 2017 saß er in Norwegens Sami-Parlament Sameting. Erst als Stellvertreter, dann ab 2016 als Mitglied. Das Sami-Parlament soll die in der Verfassung zugesicherte Stellung der Samen und ihrer Sprache wahren. Buljo war Mitglied des Kindesentwicklungs-, Pflege- und Bildungsausschusses.
-
Oleksandr Skichko (m.) war zwar kein ESC-Teilnehmer, er moderierte aber in Kiew 2017. Eigentlich arbeitet er als Comedian, Schauspieler und Moderator - jetzt sitzt er für die Partei Sluga narodu im ukrainischen Parlament. Der Partei gehört auch der neue Präsident Wladimir Selenski an, der selbst Schauspieler ist.
-
Óttarr Proppé (l.) war für Island 2014 Backgroundsänger und sieht auf diesem Bild der Gruppe Pollapönk nicht wie ein Gesundheitsminister aus. Doch genau das war er interimsweise 2017 für ein knappes Jahr. Seit 2012 ist er im Vorstand der Partei Björt framtíð, von 2015 bis 2017 war er ihr Vorsitzender. Nach den Wahlen 2017 erhielt sie keine Sitze mehr im isländischen Parlament.
-
Noch eine ehemalige ukrainische Parlamentsabgeordnete: Zlata Ognevich, Teilnehmerin in Malmö 2013. Ein Jahr später kam sie ins Parlament und war zuständig für Kulturbelange. Nach ihrem ersten Tag sagte sie: "Ich fühle mich wie eine Künstlerin, auch in einem Sitzungssaal. Daran ist aber nichts auszusetzen." Nach einem Jahr trat sie zurück und warf dem Parlament vor, sich nicht ausreichend um die ukrainischen Bürger zu kümmern.
-
Die möglicherweise prominenteste und politisch engagierteste ESC-Teilnehmerin ist Ruslana. Für die Ukraine gewann sie 2004 den Wettbewerb, war von 2006 bis 2007 Abgeordnete im Parlament. In den nächsten Jahren agierte sie immer wieder politisch - mit Worten und Taten. Sie wurde 2013 eine zentrale Figur bei den Protesten auf dem Maidan. Im Winter 2013/14 verbrachte sie mindestens 100 Nächte dort. Ruslana ist UNESCO-Botschafterin des guten Willens.
-
Claudette Buttigieg ist ausgebildete Jazzsängerin und vertrat Malta beim Eurovision Song Contest 2000 unter ihrem Geburtsnamen Claudette Pace. Nach ihrer Showbusiness-Karriere arbeitete sie im Kommunikationsbereich des Maltesischen Gesundheitsministeriums. 2013 und 2017 ließ sie sich als Mitglied der konservativen Partit Nazzjonalista ins Parlament wählen und ist jetzt stellvertretende Parlamentspräsidentin.
-
Als 19-jährige gewann Dana 1970 den ESC für Irland. Als politische Newcomerin wollte die sehr christliche Dana Scallon 1997 Präsidentin von Irland werden. Sie war die erste parteilose Kandidatin, die sich zur Wahl stellen ließ und wurde Dritte. 2011 versuchte sie es erneut. Von 1999 bis 2004 war sie Abgeordnete Irlands im Europäischen Parlament. Als Parteilose schloss sie sich der EVP-Fraktion an. Wegen ihrer kompletten Ablehnung gegenüber Abtreibungen verlor sie stark an Zuspruch.
-
Vicky Leandros trat zweimal für Luxemburg beim ESC an. 1967 wurde sie Vierte, 1972 gewann sie ihn mit "Après toi". Geboren wurde sie auf Korfu. 2006 war sie Teilnehmerin am deutschen ESC-Vorentscheid. Im selben Jahr wurde sie bei den Kommunalwahlen in Piräus Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Kultur und internationale Beziehungen. Sie kandidierte bei den Wahlen 2007 in Griechenland, bekam aber kein Mandat. 2008 trat sie aus Zeitmangel von ihren politischen Ämtern zurück.
-
1966 wurde Åse Kleveland aus Norwegen beim ESC Dritte und moderierte 1986 in Bergen den ersten ESC in Norwegen. Kleveland studierte Rechtswissenschaften und war von 1986 bis 1990 Ratspräsidentin der Regierung für Gleichberechtigung. Von 1990 bis 1996 war sie Norwegens Ministerin für Kultur, Medien und Sport und in dieser Funktion politisch verantwortlich für die Olympischen Winterspiele 1994 in Lillehammer. 2015 erschien seit langem wieder eine Single von ihr.
-
Ihm wird ein Hang zum Absurden nachgesagt: Ronnie Carroll vertrat 1962 und 1963 Großbritannien beim ESC. 2008 wollte er bei einer Wahl in Großbritannien genau null Stimmen erreichen. Er bekam 29 Votes. Auch zur UK-Wahl 2015 trat er an. Weil er vier Tage nachdem die Nominierungsfrist endete, starb, tauchte sein Name auch als Toter noch auf den Wahlzetteln auf. 113 Leute (0,21 Prozent) voteten für den Toten und Carroll wurde Sechster von sieben Kandidaten.
-
Ebenfalls bei einer UK-Wahl möchte jetzt auch Jay Aston ihr Glück versuchen. Sie gewann 1981 als Teil der Gruppe Bucks Fizz den ESC und möchte nun für die Brexit Party ins Parlament. Ihr geht es darum, "die Demokratie für das Volk aufrecht zu erhalten", so sagt sie. Als eine von 635 Kandidaten hat sie Parteichef Nigel Farage für die Brexit Party nominiert.
Brexit Party: Mandat für Aston eher unwahrscheinlich
Brexit-Party-Chef Nigel Farage ernannte Aston als Kandidatin für den Londoner Wahlkreis Kensington. Dessen Sitz gehört aktuell der Labour Party, also den Sozialdemokraten. Die Brexit Party möchte ja, dass Großbritannien die EU verlässt. Beim Brexit-Referendum 2016 stimmten allerdings 69 Prozent im Bezirk Kensington and Chelsea für den Verbleib des Landes. Dass sich jetzt die Meinung der Bewohner so geändert hat, dass Aston gute Chancen auf einen Wahlsieg hat, kann bezweifelt werden. Bucks-Fizz-Bandmitglied Mike Nolan ist auch ein Kritiker des Brexits. "Es gab also viele Gespräche zwischen uns" sagte Aston der Zeitung Daily Mirror. Die Band habe aber nichts dagegen, wenn sie in die Politik gehen würde. Sie würde auch weiterhin Teil der Band sein und eben am Wochenende auftreten, sagte sie weiter. Das Vereinigte Königreich solle zwar die EU verlassen, nicht aber den ESC: "Bei Musik sollte es nicht um Politik gehen".
