"Ich werde kämpfen, kämpfen, kämpfen!"

Ruth Lorenzo war in Amsterdam eine begehrte Interviewpartnerin.
An Selbstvertrauen mangelt es Ruth Lorenzo nicht. Im Gegensatz zu mehreren ihrer Vorgänger versteckt sich die spanische Teilnehmerin nicht vor der internationalen Presse. Es hilft natürlich, dass sie viel Zeit im englischsprachigen Ausland verbracht hat und mühelos zwischen den Sprachen wechseln kann. Entspannt begegnet Ruth Lorenzo bei Eurovision in Concert in Amsterdam den Interviewanfragen von fast 200 Journalisten aus Europa. Zwischendurch setzt sie sich sogar ans Klavier, singt mit dem lettisch-deutschen Kollegen Jöran Steinhauer spanische Lieder und ihren eigenen Song "Dancing In The Rain". Im Gespräch mit eurovision.de spricht die gebürtige Murcianerin über Haie, ihre Ziele für Kopenhagen und was das mit Schokolade zu tun hat.
Ruth, wie ergeht es dir seit deinem überraschenden Sieg in Barcelona?
Ruth Lorenzo: Wir sind ständig auf Achse. Wer meinem Twitter-Account folgt, sieht: Ich bin täglich im Flugzeug, jeden Tag in eine andere Stadt unterwegs. Ich habe viel Spaß und genieße das alles sehr, um ehrlich zu sein.
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Die Spanierin Ruth Lorenzo wurde am 10. November 1982 im südostspanischen Murcia geboren als Ruth Lorenzo Pascual. Von klein auf ist sie von der englischen Sprache fasziniert, als sie immer wieder die Platte des Musicals "Annie" hört.
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Zum Englischlernen und zum Auftreten in Musicals hat die Spanierin bald Gelegenheit: Ihre Familie zieht in die USA, als Ruth zwölf Jahre alt ist. Vier Jahre lebt sie dort und erhält Gesangsunterricht. So tritt sie bald in Hauptrollen bei "My Fair Lady" und "Phantom der Oper" auf.
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Mit sechzehn kehrt sie in die Heimat zurück und gründet eine Rockband. Auf finanziellen Gründen muss sie ihre weitere Gesangsausbildung abbrechen und zieht schließlich nach England.
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Bei der Castingshow X-Factor gelingt ihr der Durchbruch. Sie schafft in der fünften Staffel den Sprung in die Live-Shows, gewinnt von Runde zu Runde immer mehr Fans und erhält Lob und Zuspruch von Promis wie Judi Dench, Johnny Depp und sogar vom damaligen Premier Gordon Brown. Sie landet auf Platz fünf.
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Ihre X-Factor Version von "Purple Rain" von Prince wird im Internet so oft geklickt, dass der Musiker das Video sperren lässt. In den fünf Jahren in England macht Ruth schwierige Zeiten durch. Sie komponiert viele Songs - darunter auch ihren ESC-Beitrag "Dancing In The Rain".
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Es ist ein Song über das Weitermachen in schwierigen Zeiten, das Überwinden von Hürden. Und beim spanischen Vorentscheid überwindet sie die entscheidende Hürde mit dem minimalen Vorsprung, den ihr das Publikum gibt. Eigentlich hat sie Punktegleichstand mit ihrer Konkurrentin, die Televoter geben jedoch den Ausschlag.
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Bei Eurovision in Concert in Amsterdam trifft die quirlige Spanierin auf die Vorjahressiegerin Emmelie de Forest, die auch ein Lied über den Regen im musikalischen Koffer hat, die ESC-Hymne "Rainmaker".
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Die Spanierin ist in der holländischen Stadt eine begehrte Interviewpartnerin und singt am Klavier eine unplugged-Version ihres Beitrages - unter den aufmerksamen Blicken und Kameras der Reporter.
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Mit dem Kollegen aus Lettland Jöran Steinhauer (der eigentlich Deutscher ist) schmettert sie spanische ESC-Songs am Klavier.
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Auf der Bühne zeigt Ruth in Spanien wie in Amsterdam, dass sie die großen Gesten genauso beherrscht, wie die großen Töne ihrer Ballade. Sie kommt vor internationalem Publikum sehr gut an. Beim Finale in Kopenhagen dürften auch viele Briten für die heute 31-Jährige anrufen.
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Sollte Ruth Lorenzo die ESC-Krone für Spanien mit nach Hause nehmen, will die Sängerin als erstes ein Stück Schokolade essen, verrät sie im Gespräch mit eurovision.de. Und dann geht sie mit Delfinen baden. Nicht erneut mit Haien, wie nach dem spanischen Vorentscheid, vor denen sie panische Angst hat.
Das spanische Publikum hat dich mit offenen Armen aufgenommen, wie man beim Auftritt in Amsterdam auch sehen konnte. Welches Feedback kriegst du international?
Lorenzo: Das Lied kommt im Ausland gut an, was ein sehr gutes Zeichen ist. Ich bin glücklich. Ich pushe meine Karriere voran und werde kämpfen, kämpfen, kämpfen. Ich geh' auf Gold!
Dein Lied "Dancing In The Rain" handelt ja vom Gegenteil, von einem schwierigen Augenblick. Du hast es in London komponiert. Warum war es dort eine schwere Zeit für dich?
Lorenzo: Das ist ein Lied, das ich in einem der schwersten Momente meiner Karriere komponiert habe. Ich hatte mich gerade von meinem Label getrennt, wusste nicht, wie es mit meinem Leben weitergeht. Ich bin auf die Straße gegangen, es hat gerade geregnet und ich habe mir gedacht - was kann mir eigentlich noch Schlimmes passieren? Es gibt diese Tage, an denen man gegen Widrigkeiten kämpfen muss, aber manchmal muss man sie nur an sich vorbeiziehen lassen und einfach im Regen tanzen. Davon erzählt mein Lied.
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Wie sehr hat es dich musikalisch beeinflusst, in Amerika und in England gelebt zu haben?
Lorenzo: Das war sehr wichtig für mich. Abgesehen davon, dass es dich kulturell sehr bereichert, an anderen Orten zu sein, lernt man viel von anderen Menschen. Man hört andere Sounds, lernt Englisch. Jede Erfahrung im Leben bereichert einen, wenn man Komponist ist. Man sammelt sie in seiner Truhe voller Erinnerungen und kann darin herumwühlen. Um dann etwas komponieren zu können, das die Leute anspricht, sie erreicht, das ist doch das Wichtigste. Dafür mache ich ja Musik.
Wie wirst du diesen Auftritt in Kopenhagen in Szene setzen? Beim spanischen Vorentscheid warst du wie eine Sirene, sehr passend für Kopenhagen.
Lorenzo: Ich möchte eine glitzernde Sirene sein. Ich möchte ein Diamant sein, das offizielle ESC-Logo ist dieses Jahr ja ein Diamant. Das ist ein Stein, wie wir alle sind. Bei einigen von uns dauert es nur manchmal länger, bis wir merken, dass wir ein Edelstein sind.
Wer unterstützt dich außer deiner Mutter, der du deine Auftritte widmest?
Lorenzo: Meine Familie, meine Freunde, mein Manager.
Was erwartest du vom ESC in Dänemark?
Lorenzo: Das wird - nein, das ist jetzt schon eine unvergessliche Erfahrung. Ich hoffe, wenn es dann wieder einmal harte Momente in meiner Karriere gibt, kann ich dann die Augen schließen und mir alle diese schönen Momente vor Augen führen. Und natürlich will ich gewinnen!
Was macht ihr dann, wenn du für Spanien siegst?
Lorenzo: (ruft) Dazu sage ich nichts! Ich sage gar nichts! Ich esse dann Schokolade! Das wäre der Hammer. Wir haben schon 45 Jahre lang nicht mehr gewonnen!!!!! Mal sehen, was kommt.
Danke für das Gespräch und viel Glück!
Das Interview führte Patricia Batlle.
