Stand: 18.04.2011 16:58 Uhr

Die 2000er: Freizügigkeit und andere Sensationen

Die Jahre 2000 bis 2009 waren kein leichter Fall - von der Mode zunächst einmal abgesehen. Die Probleme fangen schon damit an, dass man nicht sicher weiß, wie man diesen Zeitraum überhaupt bezeichnen soll. Sind es die 2000er-Jahre oder die Nullerjahre? Oder gar "die erste Dekade des neuen Jahrtausends"? Andererseits konnte man froh sein, dass man das neue Millennium überhaupt verhältnismäßig unbeschadet erreicht hatte. War doch lange Zeit nicht klar gewesen, ob ab dem 1. Januar 2000 technische Geräte wie Computer noch funktionieren - oder ob zum neuen Jahrtausend gar die ganze Welt untergeht. Diesbezügliche Horrormeldungen waren vielfältig gewesen. 

Genauso vielfältig zeigte sich dann auch die Mode des neuen Jahrtausends - und schnelllebig. Die Trends wechselten fast schneller als selbst Frauen shoppen konnten. Unterschiedlichste Modeströmungen und vergangen geglaubte Trends tauchten in rasantem Tempo auf und wieder unter, ließen sich blicken und verschwanden wieder in der Versenkung. Alte Klassiker wie der Humphrey-Bogart-Mantel oder Pilotenbrillen waren plötzlich ein Muss - und konnten schon ein paar Monate später wieder Schnee von gestern, wenn nicht vorgestern sein.

Mode, Tiere, Sensationen

Knorkator beim Vorentscheid zum Grand Prix d'Eurovision 2000
Schwingen die Fell-Keule: Knorkator.

Viele Designer und Modefans entdeckten im neuen Jahrtausend ihre Liebe zu Tieren, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Gaben sich einige mit Drucken - etwa in Reptilienoptik - zufrieden, wie die Sängerin der norwegischen Band Charmed, musste es für Liebhaber größerer Extreme Fell sein - aber bitte politisch korrektes Kunstfell. Auf die Spitze - des Eisbergs - trieb es die Band Knorkator beim deutschen Vorentscheid 2000. Sie hatten sogar ihr Keyboard in bunte Felle gehüllt. Die Bandmitglieder trugen weißes Fell, in dem sie an Eisbären erinnerten und "Ick werd zun Schwein" brüllten. Doch alles Schreien nützte nichts, die Zotteltiere scheiterten, Stefan Raab fuhr stattdessen nach Stockholm. Knorkator waren aber nicht die einzigen Plüsch-Anhänger im ESC-Zirkus, auch der Sänger der norwegischen Glamrock-Band Wig Wam betrat 2005 in Kunstfell-Weste die Bühne.

Auch gegerbte Tierhaut schaffte es Anfang der 2000er Jahre zum ESC. Nusa Derenda aus Slowenien etwa kam 2001 im schwarz-gelben Leder-Look auf die Bühne. Ob ihr Outfit als Inspiration für den Stil im zwei Jahre später erscheinenden Kinofilm Kill Bill herhielt, ist unbekannt. Derendas Konkurrentinnen Friends aus Schweden hatten sich in rote Lederhosen gezwängt. Und selbst die sonst eher brav daherkommende Corinna May und ihre Sängerinnen trugen 2002 verhältnismäßig coole Lederkluften.

Sexy, sexier, ESC

Mando beim Eurovision Song Contest 2003
Mandos Kleid war der Inbegriff der Freizügigkeit.

Apropos brav, dieser Begriff schien nun endgültig aus dem Vokabular der Modedesigner verschwunden zu sein. Stattdessen schrieben sie die neue Freizügigkeit groß. Sexy Kleidung war nicht mehr dem abendlichen Disco-Besuch vorenthalten, sie durfte die Menschen - in etwas gesetzter Form - auch ins Büro begleiten. Oder zum ESC. Ob es nun die Sängerinnen von XXL aus Mazedonien, Stefan Raabs Tänzerinnen in Glitzer-Hot-Pants oder Sanda Ludosi aus Rumänien waren: Nackte Haut war angesagt. Damit konnte man sogar auch mal von Gesangsfehlern ablenken. 2003 in Riga war bei den Sängerinnen vor allem ein Trend zu beobachten: geschnürte Oberteile. Birgitta aus Island wirkte in ihrem weißen Dress allerdings deutlich angezogener als Esther Hart aus den Niederlanden - und vor allem als Mando aus Griechenland. Ihr schwarzes Kleid war gerade im oberen Bereich recht offenherzig und zeigte mehr, als dass es etwas verbarg.

In der Filmwelt hatte im neuen Jahrzehnt mit Harry Potter oder Der Herr der Ringe ein neuer Fantasy-Boom eingesetzt. Die Kostüme daraus schienen auch ESC-Ausstatter zu inspirieren. Vor allem die Outfits der finnischen Band Lordi erinnerten an böse Mächte aus Tolkiens Abenteuer. Aber auch andere Absurditäten gelangten auf die Grand Prix-Bühnen: Michaelis Rakintzis und seine Tänzer traten 2002 in futuristischen Uniformen und scheinbar schusssicheren Westen auf. Verka Serduchka begeisterte 2007 in einer Art Weltraum-Outfit. Kostüme mit integrierten Leuchtdioden, wie die des niederländischen Männer-Trios de Toppers oder Safuras blau-türkises Kleid, das aussah, als wären Glühwürmchen eingearbeitet, wirkten dagegen fast alltäglich. Aber so ist das nun einmal, in einem schnelllebigen Jahrzehnt mit sich ständig übertrumpfenden Trends.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 09.02.2017 | 20:15 Uhr

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