Die 2000er: Freizügigkeit und andere Sensationen
Die Jahre 2000 bis 2009 waren kein leichter Fall - von der Mode zunächst einmal abgesehen. Die Probleme fangen schon damit an, dass man nicht sicher weiß, wie man diesen Zeitraum überhaupt bezeichnen soll. Sind es die 2000er-Jahre oder die Nullerjahre? Oder gar "die erste Dekade des neuen Jahrtausends"? Andererseits konnte man froh sein, dass man das neue Millennium überhaupt verhältnismäßig unbeschadet erreicht hatte. War doch lange Zeit nicht klar gewesen, ob ab dem 1. Januar 2000 technische Geräte wie Computer noch funktionieren - oder ob zum neuen Jahrtausend gar die ganze Welt untergeht. Diesbezügliche Horrormeldungen waren vielfältig gewesen.
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Der klassische Trenchcoat, den Humphrey Bogart in "Casablanca" trug war plötzlich wieder so hip, dass die Firma Burberry ihn sogar für den Hund rausbrachte.
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Und auch sonst kamen alte Trends immer wieder aufs Neue auf - Stefan Raab etwa trug bei seinem Auftritt Hosen mit Schlag und Plateauschuhe.
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Auch seine Sonnenbrille sah aus, als hätte er sie seit den 1970er-Jahren nicht abgesetzt.
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Der sogenannte Nude-Look, mit dem man aus der Ferne aussieht als wäre man nackt, war in der Modewelt praktisch das ganze Jahrzehnt präsent ...
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... beim ESC hingegen wählte man den direkten Weg: Hier wurde nun viel nackte Haut gezeigt, etwa von Natalie Barbu.
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Aber auch die männlichen ESC-Kandidaten geizten nicht mehr mit ihren Reizen. Der Sänger von The Ark aus Schweden zeigte 2007 Brust.
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Naja, die griechische Sängerin Mando tat das natürlich auch irgendwie - ihr Schnürtop verbarg nicht wirklich viel von ihrer Oberweite.
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Auch der Leder-Look eroberte die Bühnen des Eurovision Song Contest - selbst Corinna May und ihre Verstärkung traten 2002 damit auf.
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Das kam auch bei der Slowenin Nusa Derenda an. Sie trug 2001 die Farben, die wir zwei Jahre später in dem Film "Kill Bill" wiederentdeckten.
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Allerdings ging Uma Thurman in dem Film ein bisschen ruppiger mit ihrem Dress um, sie bekleckerte sich schon mal in der ein oder anderen Szene.
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Glitter und Glamour: Verka Serduchka aus der Ukraine strahlte in ihrem "Weltraumoutfit" - und auch nach dem Auftritt, sie wurde 2007 schließlich Zweite.
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Beim ESC waren extreme Kostüme einfach nicht mehr zu leugnen. Michalis Rakintzis aus Griechenland hatte eine Art Uniform bei seinem Auftritt an.
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Apropos Uniform: Auch der Stewardessen-Look war in diesem Jahrzehnt vertreten. Mit Scooch aus Großbritannien ...
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... und auch die Kostüme der Transvestiten-Gruppe Sestre aus Slowenien erinnerte stark an Flugbegleiterinnen.
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Naja, und dann gab es auch Bands, die sich einfach gern verkleiden, etwa Pirates of the Sea aus Lettland.
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Oder natürlich Lordi aus Finnland. Ein einzige Blick reicht und es laufen einem kalte Schauer über den Rücken.
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Aber gut, können Monster, die sich mit Blumensträußen beschenken lassen, wirklich so grausam sein?
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Es muss ja nicht immer Pelz sein, aber Kunstfell war in den 2000er-Jahre gerne und oft vertreten. Auf dem Laufsteg ...
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Das kam auch bei der Band Knorkator an ...
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... auch die Musikinstrumente wurden hier in Fell gehüllt.
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Je schöner der Abend, desto strahlender die Gäste. Da das ansonsten eventuell nicht die erste Assoziation beim Auftritt von de Toppers gewesen wäre, halfen die Niederländer mit LED-Anzügen nach.
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Ein Trick, den sich Safura aus Aserbaidschan wohl abgeguckt hat - dabei war sie 2010 ohnehin eine der ganz heiß gehandelten Favoritinnen.
Genauso vielfältig zeigte sich dann auch die Mode des neuen Jahrtausends - und schnelllebig. Die Trends wechselten fast schneller als selbst Frauen shoppen konnten. Unterschiedlichste Modeströmungen und vergangen geglaubte Trends tauchten in rasantem Tempo auf und wieder unter, ließen sich blicken und verschwanden wieder in der Versenkung. Alte Klassiker wie der Humphrey-Bogart-Mantel oder Pilotenbrillen waren plötzlich ein Muss - und konnten schon ein paar Monate später wieder Schnee von gestern, wenn nicht vorgestern sein.
Mode, Tiere, Sensationen

Schwingen die Fell-Keule: Knorkator.
Viele Designer und Modefans entdeckten im neuen Jahrtausend ihre Liebe zu Tieren, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Gaben sich einige mit Drucken - etwa in Reptilienoptik - zufrieden, wie die Sängerin der norwegischen Band Charmed, musste es für Liebhaber größerer Extreme Fell sein - aber bitte politisch korrektes Kunstfell. Auf die Spitze - des Eisbergs - trieb es die Band Knorkator beim deutschen Vorentscheid 2000. Sie hatten sogar ihr Keyboard in bunte Felle gehüllt. Die Bandmitglieder trugen weißes Fell, in dem sie an Eisbären erinnerten und "Ick werd zun Schwein" brüllten. Doch alles Schreien nützte nichts, die Zotteltiere scheiterten, Stefan Raab fuhr stattdessen nach Stockholm. Knorkator waren aber nicht die einzigen Plüsch-Anhänger im ESC-Zirkus, auch der Sänger der norwegischen Glamrock-Band Wig Wam betrat 2005 in Kunstfell-Weste die Bühne.
Auch gegerbte Tierhaut schaffte es Anfang der 2000er Jahre zum ESC. Nusa Derenda aus Slowenien etwa kam 2001 im schwarz-gelben Leder-Look auf die Bühne. Ob ihr Outfit als Inspiration für den Stil im zwei Jahre später erscheinenden Kinofilm Kill Bill herhielt, ist unbekannt. Derendas Konkurrentinnen Friends aus Schweden hatten sich in rote Lederhosen gezwängt. Und selbst die sonst eher brav daherkommende Corinna May und ihre Sängerinnen trugen 2002 verhältnismäßig coole Lederkluften.
Sexy, sexier, ESC

Mandos Kleid war der Inbegriff der Freizügigkeit.
Apropos brav, dieser Begriff schien nun endgültig aus dem Vokabular der Modedesigner verschwunden zu sein. Stattdessen schrieben sie die neue Freizügigkeit groß. Sexy Kleidung war nicht mehr dem abendlichen Disco-Besuch vorenthalten, sie durfte die Menschen - in etwas gesetzter Form - auch ins Büro begleiten. Oder zum ESC. Ob es nun die Sängerinnen von XXL aus Mazedonien, Stefan Raabs Tänzerinnen in Glitzer-Hot-Pants oder Sanda Ludosi aus Rumänien waren: Nackte Haut war angesagt. Damit konnte man sogar auch mal von Gesangsfehlern ablenken. 2003 in Riga war bei den Sängerinnen vor allem ein Trend zu beobachten: geschnürte Oberteile. Birgitta aus Island wirkte in ihrem weißen Dress allerdings deutlich angezogener als Esther Hart aus den Niederlanden - und vor allem als Mando aus Griechenland. Ihr schwarzes Kleid war gerade im oberen Bereich recht offenherzig und zeigte mehr, als dass es etwas verbarg.
In der Filmwelt hatte im neuen Jahrzehnt mit Harry Potter oder Der Herr der Ringe ein neuer Fantasy-Boom eingesetzt. Die Kostüme daraus schienen auch ESC-Ausstatter zu inspirieren. Vor allem die Outfits der finnischen Band Lordi erinnerten an böse Mächte aus Tolkiens Abenteuer. Aber auch andere Absurditäten gelangten auf die Grand Prix-Bühnen: Michaelis Rakintzis und seine Tänzer traten 2002 in futuristischen Uniformen und scheinbar schusssicheren Westen auf. Verka Serduchka begeisterte 2007 in einer Art Weltraum-Outfit. Kostüme mit integrierten Leuchtdioden, wie die des niederländischen Männer-Trios de Toppers oder Safuras blau-türkises Kleid, das aussah, als wären Glühwürmchen eingearbeitet, wirkten dagegen fast alltäglich. Aber so ist das nun einmal, in einem schnelllebigen Jahrzehnt mit sich ständig übertrumpfenden Trends.
