Stand: 18.01.2019 12:30 Uhr

Israel - Die Jahre der Siege

Sonnenuntergang am Strand von Tel Aviv.  Foto: Simone Horst
Gastgeber des 64. Eurovision Song Contest ist Tel Aviv.

In Tel Aviv wird Israel als Gastgeber seine 42. ESC-Teilnahme feiern. Sein Debüt gab das Mittelmeer-Land 1973 in Luxemburg. Israels TV-Anstalt IBA durfte an der zunächst europäischen Fernsehshow teilnehmen, weil die 1950 gegründete European Broadcasting Union, kurz EBU, immer schon ein öffentlich-rechtliches TV- und Radionetzwerk über die geografischen Grenzen Europas hinaus war.

Izhar Cohen schafft ersten Sieg für Israel

Zweck der EBU war zunächst, TV-Filme auszutauschen und, etwa im Nachrichtenbereich, den Mitgliedssendern rasch und unkompliziert zur Verfügung zu stellen. Als der ESC erstmals ausgetragen wurde, 1956 im schweizerischen Lugano, war das Fernsehen ein sehr junges Medium; Fernsehgeräte waren kaum verbreitet. Inzwischen sind 56 Länder mit 72 Sendern in der EBU vernetzt und der ESC ist die populärste TV-Show der EBU. Israel hat während seiner inzwischen fast 46 Jahre währenden ESC-Geschichte vier Mal gewonnen, zwei Mal belegte es den zweiten Platz, einmal wurde das Land Dritter - insgesamt belegt es in der Ruhmesgeschichte den sechsten Rang.

Alpha Beta mit Sänger Izhar Cohen 1978 bei einem Auftritt in der ZDF-Starparade in der Philipshalle in Düsseldorf. Im selben Jahr belegten sie für Israel beim Grand Prix den 1. Platz © dpa-Bildfunk Foto: Hans Dürrwald
Izhar Cohen feierte 1978 in Paris einen unerwarteteten Sieg für Israel.

Izhar Cohen hat sich für alle Zeiten in die Pop-Geschichte Israels eingeschrieben: Der Entertainer schaffte 1978 in Paris mit seinen Begleit-Sängern und -Tänzern von "The Alpha-Beta" den ersten Eurovisions-Sieg für sein Land. Der in der Nähe von Tel Aviv geborene Sohn einer jüdischen Familie aus dem Jemen - wie auch die später berühmte Ofra Haza - hatte vor dem Eurovisionsauftritt in seiner Heimat eine Showkarriere begonnen. Aber dass er das Eurovisionsfestival für sein Land gewinnen würde, damit hatten weder er noch der ESC-TV-Sender IBA gerechnet.

"A-Ba-Ni-Bi" war die Siegesrezeptur

Cohens Lied hatte die Siegesrezeptur schlechthin für eine erfolgreiche ESC-Teilnahme: "A-Ba-Ni-Bi" ist sprachlich von schönster Schlichtheit. Kein Buchstabe, kein Wörtchen, das Juroren und Jurorinnen als unaussprechlich abschrecken könnte, stört. "A-Ba-Ni-Bi", ein flottes, leicht discogestyltes Liedchen, war das einzige des Abends des 22. Eurovision Song Contest, das halbwegs undramatisch und unbeschwert wahrgenommen werden konnte. Komponiert und dirigiert wurde es im Übrigen von Nurit Hirsh, die schon für Ilanits israelisches ESC-Debüt "Ey sham" verantwortlich war.

Ein Lobpreis Gottes gewinnt nochmals für Israel

Gali Atari & Milk and Honey, VL: Reuven Gvirtz, Yehuda Tamir, Gali Tamir und Shmuel Bilu vertreten Israel 1979 beim Grand Prix und freuen sich über den 1. Platz  Foto: UPI
Erfolgreich mit einer Hymne an Gott: die israelische Sängerin Gali Atari mit ihrer Band Milk & Honey.

Dass noch ein weiterer Sieg im Jahr darauf folgen würde, lag freilich nicht an den Freundlichkeiten der Gäste den israelischen Gastgebern gegebenüber, sondern am Lied selbst: "Hallelujah", was als "Lobpreiset Gott" übersetzt werden kann, wurde von Gali Atari & den drei Männern von "Milk and Honey" gesungen - ein bis zum hymnischen Schlussakkord sich steigerndes Lied, das aus seinem Pathos in keiner Sekunde irgendeinen Hehl machte.

"Hallelujah" ist ein Klassiker der Eurovisionsgeschichte und in Israel ungefähr so geläufig, als wäre es ein Kinderlied, das es schon seit biblischen Zeiten gibt: schon immer da, nie wieder weg. Die Sieger von Jerusalem tourten mit ihrem Lied weltweit anderthalb Jahre; ihr "Hallelujah" wurde millionenfach als Single verkauft. Gali Atari ist in den Folgejahren zu einer der beliebtesten Künstlerinnen in ihrer Heimat geworden, Sängerin, Schauspielerin und Moderatorin.

Keine Diskussionen um den Austragungsort

Dass der ESC 1979 in Jerusalem ausgerichtet wurde, war für niemanden strittig. Tel Aviv verfügte über keine geeignete Location, dies kam noch hinzu. Aber ohnehin waren es politisch brückenschlagende Zeiten. Israels und Ägyptens Regierungen hatten eine Art Friedensvertrag geschlossen, Israel und Jordanien ebenso. Jerusalem war zwar Hauptstadt Israels, dort steht ja auch das Parlament, die Knesset, aber die politische Aufgeladenheit heutiger Tage war noch nicht vorhanden. Dass aus Jerusalem eine internationale TV-Show übertragen wird - daran störte sich niemand.

Ein ESC-Open-Air in Caesarea war 1980 unmöglich

Heftige Debatten gab es nur, wie immer, ums Geld: Wer bezahlt die Show? Für 1979 konnte das geklärt werden, nicht jedoch für 1980. Israel hätte den ESC abermals ausrichten können, aber es fanden sich keine Sponsoren. Als die internationale TV-Planung der EBU keinen Verzug mehr erlaubte, als auch der Vorschlag des israelischen Fernsehens, eine kostengünstige Open-Air-Veranstaltung im antiken Caesarea abgelehnt wurde, wurde der ESC an das niederländischen Fernsehen und nach Den Haag vergeben.

1980 setzte Israel sogar aus - das einzige Mal, dass ein Siegerland im Jahr darauf gänzlich verzichtete, denn der 19. April war in Israel in jenem Jahr ein Nationalfeiertag, ESC-Teilnahme also ausgeschlossen. Kleine Pointe am Rande: Marokko nahm 1980 teil, weil Israel fehlte. Es war das einzige arabische Land, das je bei einem ESC mitmachte.

Rückkehr auf die ESC-Bühne

1981 kam Israel in Dublin mit "Habibi" und dem Lied "Halayla" wieder: Ein siebter Platz war kein übles Comeback. Avi Toledano belebte 1982 in Harrogate, im Jahr des haushohen Siegs von Nicole mit ihrem "Ein bisschen Frieden", auf das Schönste die Tradition der israelisch dargebotenen - und in der Tat mitreißenden - Kreistänze: Der Sänger wird im Laufe der drei Minuten von "Hora" bei der Performance vom Begleitchor quasi eingefangen, im Zirkel eingeschlossen und wieder freigegeben: Folklore auf Pop.

Der ESC als Karrieresprung für Ofra Haza

1983: Beim Grand Prix Eurovision landet Ofra Haza aus Israel auf dem zweiten Platz mit ihrem Titel "Hi". © NDR / BR Foto: Sessner
Belegte 1983 in München Platz zwei für Israel: die Sängerin Ofra Haza.

Internationaler wirkte sich der Erfolg von Ofra Haza aus: Ihr "Hi", "Lebendig", hätte in München 1983 siegen müssen, wenn die Jurys sich nicht auf das elegische französische Lied "Si la vie est cadeau" von Corinne Hermes aus Luxemburg verlegt hätten - in heutigen Televotingzeiten ein unwahrscheinliches Resultat. Hazas "Hi" öffnete auch Türen über Israel hinaus: Ihr 1988 veröffentlichter Titel "Im Nin'alu", tanzbare Weltmusik, war 18 Wochen in Deutschland in den Charts, kurz auch auf Platz eins. Israels größte Künstlerin starb im Jahre 2000 an den Folgen einer HIV-Infektion. Zahlreiche Prominente gaben ihr ein letztes Geleit, auch der damalige israelische Ministerpräsident Ehud Barak: Sie war eine der wichtigsten Künstlerinnen des Landes, politisch engagiert für den Ausgleich mit den Nachbarländern.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Blue | ESC Update | 26.01.2019 | 19:05 Uhr

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