ESC 2015 ohne Mazedonien?
Eine Meldung auf einer mazedonischen Website unter der Überschrift "Macedonians vote to withdraw from Eurovision" gibt betrübliche Auskunft: Nach einer Zuschauer-Umfrage des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Skopje haben sich gut zwei Drittel dafür ausgesprochen, sich vom ESC zurückzuziehen. Ein knappes Drittel fand, dass der Sieger des Skopje Festivals am Eurovision Song Contest teilnehmen solle.
Mit anderen Worten: Der Sender überlegt, dass er sich im Laufe der nächsten Monate nicht dafür entscheiden wird, nächstes Jahr in Österreich dabei zu sein. Man mag nun sagen: Ausgerechnet im Jubiläumsjahrgang - es wird ja der 60. ESC seit 1956 sein. Tatsächlich fehlten beim ESC in Kopenhagen schon andere Länder, die einst zu Jugoslawien zählten, neben Mazedonien waren nur noch Slowenien und Montenegro dabei. Serbien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina hatten sich aus finanziellen oder anderen Gründen zurückgezogen. Ob sie im kommenden Jahr wiederkommen, ist ungewiss.
Budgetäre Gründe mögen auch beim mazedonischen Fernsehen eine Rolle spielen: Angeblich sind es 120.000 Euro Teilnahmegebühr, die ein Land wie das südosteuropäische zu entrichten hat. Das Finanzielle ist beim ESC beinah vollständig intransparent - niemand weiß genau, nach welchem Schlüssel welches Land wie viel bezahlt. Für einen chronisch unterfinanzierten Sender ist das wahrscheinlich sehr viel Geld. Aber - wenn es ums Patriotische geht: Geldliches spielt ja in der Regel nicht die tragende Rolle, sich von einem repräsentativen Event zurückzuziehen oder nicht. Bei der Überlegung Mazedoniens, sich vom ESC zu entfernen, mag eher gewichtig sein, dass dieses Land bislang über einen zwölften Finalplatz seit seinem ESC-Debüt im Jahr 1998 nicht hinausgekommen ist.2006, in Athen, als Lordi aus Finnland gewann, belegte Elena Risteska diesen Rang am Ende der ersten Tabellenhälfte. Letztmals im Finale war 2012 in Baku der Act von Kaliopi. In der Regel schied dieses Land im Semifinale aus oder belegte beim Grand Final einen Platz unter ferner sangen.
Wie im Falle von Tschechien oder Bulgarien ist fehlender Erfolg ein Indikator für mangelndes Publikumsinteresse: Befördert werden mit miesen Platzierungen Verschwörungstheorien. So von wegen: Ach, wir werden ja sowieso abgelehnt! Oder: Wir haben keine freundlichen Nachbarn, die für uns stimmen. Dass das Ausreden sind allermeist, weiß man zwar, seit Conchita Wurst gewinnen konnte - denn kein Land hat sich so umstellt von Feinden geglaubt wie Österreich, dabei lag es immer nur an schlechten Liedern -, aber auf Objektives kommt es ja nicht an. Wenn die Zuschauer das Gefühl haben, es gehe ungerecht zu, hilft auch kein gutes Zureden mit Fakten.
Mazedonien vermissen zu müssen, wäre sehr schade. So schade wie der Umstand, dass wir jetzt schon wissen: Andorra, Monaco, Marokko und Luxemburg werden wohl weiterhin nicht mitmachen, wie Fanclubs herausfanden. Am Bedauerlichsten wäre nur, wenn in Bälde gar kein Land mehr dabei wäre, dass einst zu Jugoslawien gehörte. Mazedonien hat uns immerhin die schöne Performance von Esma Redzepova & Vlatko Lozanoski voriges Jahr geschenkt: Es war Musik jenseits vom Mainstream. Wer soll uns Abseitig-Schönes sonst zum gefälligen Genuss servieren, wenn nicht ein Land wie Mazedonien?