Stand: 08.04.2014 10:43 Uhr

Krisenzeiten - Krisenlieder?

Der dänische Sänger Basim bei Eurovision in Concert in Amsterdam © NDR Foto: Patricia Batlle
In privater Runde von Jan Feddersen lag der dänische Sänger Basim weit vorne.

Wahrscheinlich finden seit Tagen ESC-Preview-Parties statt - am Wochenende waren es, wie ich von vielen Seiten hörte, besonders viele. Man kommt zusammen im Freundeskreis oder unternimmt das, was ich am Samstag mit Torge Oelrich alias Freshtorge bei eurovision.de gemacht habe: einen Songcheck. Im Anschluss an die Sendung ging ich tatsächlich zu einer Vorschau im Kreis von Bekannten und Freunden, ein hartgesottenes Umfeld. Auf das Prozedere muss man sich nicht mehr einigen, das steht seit Jahren fest: Einer hat eine DVD vorbereitet, sodass wir Acts in der richtigen Reihenfolge sehen konnten. Zuerst wurden aus beiden Semis die Lieder aussortiert, die es nicht ins Finale schaffen werden. Und dann, nach den Clips aller Finalländer, ging es ans Werten: Wer liegt vorne ... bis zu Platz 26.

Das Tanzbein kann 2014 pausieren

Worauf ich hinaus möchte, ist ein Befund, der mir in einigen Mails von Freunden aus anderen Städten, die ihre Preview-Versammlungen abhielten, bestätigt wurde: Auffällig war buchstäblich uns allen, dass dieses Jahr wenig Tanzbares im Spiel ist. Vielmehr ist es ein Jahrgang mit einer - nun ja - Überdosis an Schwermütigem, an bombastischen Balladen. Armenien, Norwegen, Belgien sind die prominentesten dieses Zuges, sie liegen entsprechend in vielen Wettbüros vorn. Neben diesem Bombastischen gibt es etliche Lieder, die auf Weltverbesserung und Zukunftshoffnung einschwören. Molly Smitten-Downes übt sich darin, vor allem aber Malta mit dem irisch angehauchten "Coming Home".

Kein Platz für Krisenlieder

Marija Serifovic feiert ihren Sieg beim ESC 2007 © dpa Foto: Jörg Carstensen
Sie war die letzte, die mit einer Hymne erfolgreich war: die Serbin Marija Serifovic.

Auf meiner Party sagte einer: In Krisenzeiten werden Krisenlieder angeboten. Fragt sich nur: Will das Publikum in politisch erschütterten Zeiten Lieder hören, die von diesen Krisen handeln? Um diese Frage zu beantworten, muss man zurückblicken: Liedermacher, die etwa in den Sechzigern Politisches zum Thema machten, wurden gerade von jenen, von denen die Songs handelten, definitiv nicht konsumiert.

Um es im Hinblick auf Kopenhagen zu sagen: Kein Beitrag der balladesken Sorte wird gewinnen. Wenn schon politisch in Europa so vieles nervös und fragil ist, dann sollte es das doch im Entertainment nicht sein. Und: Wer will schon mit Traurigem behelligt werden? Beim ESC war die letzte Hymne, die gewann, die aus Serbien 2007. Und das letzte melancholisch stimmende Lied war, richtig die Liste überblickt, 1996 die Irin Eimear Quinn mit "The Voice". Am 10. Mai wird ein froh gesinntes Ding gewinnen.

Klarer Sieg für Dänemark - in privater Runde

Meine Runde, die nicht die persönlichen Vorlieben benotete, sondern die Platzierungen einschätzen musste, war nicht einmütig für ein Lied, aber insgesamt war es Dänemark und sein Sänger Basim. Ein bisschen Jackson Five, ein bisschen Pop aus Amerika, auf jeden Fall nicht depressiv stimmend. Elaiza - nur nebenbei bemerkt - rangierten unter den ersten sechs.

Weltschmerz und Krisengesäusel - nein, das wird's nicht. So der Stand - sechs Wochen vor dem Finale.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 10.05.2014 | 21:00 Uhr