Stand: 23.02.2019 19:05 Uhr

Tel Aviv will Hotels mit Zeltstadt entlasten

von Benjamin Hammer | ARD Hörfunk-Korrespondent in Tel Aviv
Israel, Tel Aviv-Jaffa: Die am Gordon Beach gelegenen Hotelgebäude des Herods © picture alliance/dpa
Am Gordon Beach prägen die Hotels der Herods-Kette Tel Avivs Skyline.

Glaubt man den Bewertungen im Internet, gehört das LaGuardia-Hotel zu den schlechtesten Hotels in Tel Aviv. Schrecklich sei es dort, schreibt ein Nutzer über das Hotel, das direkt an der Stadtautobahn liegt. Ein anderer beschwert sich über den üblen Geruch in den Zimmern. Trotzdem verlangt das Hotel während des Eurovision Song Contests für ein Doppelzimmer 536 Euro pro Nacht. Drei Monate vor dem ESC haben Fans und Besucher ein Problem: Tel Aviv ist eine der teuersten Städte der Welt. Und trotzdem sind viele Hotels während des ESC bereits ausgebucht.

Fahne bei der Gay-Pride-Parade in Tel Aviv, Israel. © Simone Horst Foto: Simone Horst
AUDIO: Zelte als Alternativen für teure Hotels (4 Min)

Yarkon-Park wird zum ESC-Fan-Lager

Der Yarkon Park in Tel Aviv © dpa picture-alliance
Der Yarkon Park ist nach dem gleichnamigen Fluss benannt, der ihn durchzieht. "Yarkon" bedeutet auf Deutsch grünlich.

Eitan Schwarz leitet das Tourismusbüro der Stadt Tel Aviv. Er rechnet mit bis zu 18.000 Fans, die allein für den ESC nach Tel Aviv kommen. "Die Hotels in Tel Aviv sind im Mai immer zu 85 Prozent belegt", sagt Schwartz im israelischen Fernsehen. "Rechnen wir jetzt auch noch alle dazu, die zum ESC kommen, haben wir eine ganze Menge Menschen." 

Tel Avivs Antwort auf den knappen und teuren Wohnraum liegt im Norden der Stadt. Auf den Rasenflächen des malerischen Yarkon-Parks soll eine große Zeltstadt entstehen. Die Ruhe der botanischen Gärten wird in der ESC-Woche von einem bunten Fest gestört, denn fast 2.000 Fans sollen in der Zeltstadt übernachten. Die Basisversion gibt es für umgerechnet 25 Euro pro Nacht und Person. Wer mehr Komfort will, kann ein Luxuszelt für vier Personen buchen. Kosten: 240 Euro pro Nacht.

Der Park befindet sich in optimaler Lage, ganz in der Nähe vom Messezentrum, wo der ESC ausgetragen wird. "Die Leute können von hier aus losgehen und innerhalb von fünf Minuten im Konzert sein", sagt Schwarz begeistert. "Das hat es bisher noch in keiner Stadt, in der die Eurovision stattfand, gegeben." 

Gut möglich, dass Tel Aviv bei den kurzen Wegen Spitze ist. Aber das gilt auch für die Eintrittspreise: 280 bis 490 Euro kostet eine Karte für das Finale. Im vergangenen Jahr in Lissabon ging das deutlich günstiger. Die meisten Fans dürften das ESC-Finale aber ohnehin am Strand verfolgen - im Eurovision-Village, und dort ist der Eintritt frei.

BDS-Bewegung ruft zum Boykott auf

Das Habima Theater in Tel Aviv. © Benjamin Hammer
Im Habima Theater in Tel Aviv wird die Eröffnungszeremonie stattfinden. Anstelle eines roten Teppichs wird es dieses Jahr einen orangenen geben.

Mitarbeiter des Ordnungsamtes bereiten sich mit einem Rollenspiel auf den Besucherandrang beim ESC vor: "Wie bekomme ich hier ein Parkticket?", fragt ein Mitarbeiter, der einen Touristen spielt. "Das bekommen nur Leute, die in Tel Aviv leben", sagt seine Kollegin. Die Seminarleiterin schreitet ein: "Versuch doch erst Mal, den Touristen zu verstehen."

Tel Aviv will ein guter Gastgeber sein im Mai. Und ganz Israel soll davon profitieren. Die BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) will das verhindern. Unter anderem wegen der israelischen Besatzung des Westjordanlandes ruft BDS die Welt auf, den ESC in Tel Aviv zu boykottieren. Im September hatten sich viele prominente Künstler medienwirksam dem Aufruf der Bewegung angeschlossen. "Wir rufen zum Boykott auf, weil der ESC eine Form von Art Washing ist", sagt der Palästinenser Omar Barghouti, der einer der Gründer der Bewegung ist. "Israel will mit Kunst eine weiße Weste bekommen. Es will sich befreien von Jahrzehnten militärischer Besatzung, Apartheid und dem Kolonialismus von Siedlern."

Die israelische Regierung wirft der BDS-Bewegung Antisemitismus vor. Es gilt als sicher, dass BDS-Aktivisten versuchen werden, den ESC zu stören. Die Israelin Netta Barzilai, die den ESC im vergangenen Jahr in Lissabon gewonnen hat, kritisiert die Boykottbewegung. "Ich glaube an Proteste, das ist okay", sagt Netta. Sie glaube aber nicht, dass ein Boykott richtig sei.

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Blick von Jaffa auf die Skyline von Tel Aviv. © Simone Horst Foto: Simone Horst

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Dieses Thema im Programm:

NDR Blue | ESC Update | 23.02.2019 | 19:05 Uhr

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