Schwedens "Hero" im Freudentaumel
Ein Krimi in der Wiener Stadthalle: Die Punktevergabe des ESC-Finales 2015 startet mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Russland, Schweden und Italien. Als Russland davonzieht und Italien zurückfällt, freundet sich der selbst- und siegessichere Måns Zelmerlöw - wenn auch sichtlich enttäuscht - schon mal mit einem zweiten oder dritten Platz an, während bei Polina Gagarina schon Freudentränen fließen.
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Er hat sie, die Siegertrophäe des 60. Eurovision Song Contest - das gläserne Mikrofon. Der schwedische Kandidat Måns Zelmerlöw gewinnt das Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Russin Polina Gagarina am Ende klar mit 62 Punkten Vorsprung.
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Damit wird er seiner Favoritenrolle gerecht und holt mit dem Dance-Song "Heroes" den 61. ESC wieder nach Schweden. Erst 2013 fand der größte Gesangswettbewerb der Welt in seinem Heimatland in Malmö statt.
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Bevor der Sieg feststeht, müssen der Sänger und sein Team eine lange Zeit des Bangens überstehen. Denn Polina Gagarina und auch die drei Tenöre Il Volo aus Italien bekommen anfangs immer wieder Höchstwertungen.
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Bei den letzten zehn Länderwertungen setzt sich der Schwede dann an die Spitze und kann die Position verteidigen. Als klar ist, dass Måns es geschafft hat, ...
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... ist kein Halten mehr. Die Anspannung fällt ab und Jubel bricht aus. Mit diesem sympathischen Gewinner kann man sich nur mitfreuen.
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Ob auch seine kleinen Freunde jetzt glücklich sind? Beim Auftritt wird Måns Zelmerlöw von süßen Zeichentrickfiguren begleitet. Die Performance mit den virtuellen Bandmitgliedern ist perfekt einstudiert. Jede Bewegung sitzt.
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Das Zusammenspiel zwischen Måns und den Lichtmännchen begeistert die ESC-Gemeinde von Anfang an. Eine vergleichbare Bühnenshow hat es beim Song Contest noch nicht gegeben.
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Schon beim schwedischen Vorentscheid Melodifestival tritt Måns zusammen mit den ungewöhnlichen "Tänzern" an. Das Team gewinnt, die Männchen müssen danach aber aus Copyright-Gründen umgestaltet werden.
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Nicht nur die ungewöhnliche Bühnenshow ist beeindruckend, auch der Song selbst und die Energie, mit der der Interpret jeden einzelnen "Heroes"-Auftritt bestreitet.
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Kein Wunder. Der 28-Jährige macht viel Sport und lässt es sich selbst in der stressigen ESC-Woche nicht nehmen, ins Sportstudio zu gehen. Topfit und mit gestähltem Körper macht er auch in lässigen Freizeitklamotten eine sehr gute Figur auf der Bühne.
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Er kann aber auch anders. Bei der Opening Ceremony in Wien erscheint der Sänger im schnieken Anzug. Dieser Mann sähe wahrscheinlich selbst in Boxershorts, Sandalen und weißen Socken noch gut aus oder ...
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... im Raumfahranzug. In dieses Outfit ist er für die sogenannten Postcards geschlüpft. Mit den Einspielfilmchen werden die ESC-Kandidaten in den Shows in Wien vorgestellt.
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Auf die Bühne geht er aber immer im grauen Schlabbershirt - und das scheint Glück zu bringen. Schon bei der schwedischen Qualifikationsshow trägt er ein ähnlich unspektakuläres Outfit. Der Sänger, der in Schweden auch als Moderator erfolgreich ist, gewinnt die Show und ist überglücklich. Es ist bereits der dritte Anlauf und endlich klappt es.
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Danach nimmt der Sunnyboy alle wichtigen Veranstaltungen mit, um für sich und seinen Song zu werben. Er reist nach Amsterdam und tritt dort beim traditionellen Fankonzert "Eurovision in Concert" auf.
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Wie immer legt er einen souveränen Auftritt hin. Der Schwede hat einfach das Bühnen-Gen. Jeder Auftritt ist perfekt und versprüht gute Laune.
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Bei der Show den Niederlanden trifft er auch die deutsche Kandidatin Ann Sophie und strahlt mit ihr um die Wette. Nur eine Woche später ist er auch bei der "London Eurovision Party" dabei.
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Gut drei Wochen später dann der Auftritt im ersten Halbfinale in Wien. Und wieder läuft alles wie geschmiert. Wie erwartet, qualifiziert sich Måns Zelmerlöw für das Finale.
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Und auch in der Entscheidungsshow in der Wiener Stadthalle ist er wieder in Topform. Da das smarte Allroundtalent nicht nur eine tolle Show hinlegt, sondern auch mit Sympathie punktet, ist ihm der Sieg in Wien von Herzen zu gönnen.
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Abba holten 1974 zum ersten Mal für Schweden die ESC-Krone und wurden Weltstars. Wir sind gespannt, wie es für Glückpilz Måns Zelmerlöw weitergeht.
Doch dann wendet sich das Blatt: Måns Zelmerlöw setzt sich durch umjubelte zwölf Punkte, unter anderem aus Lettland, Dänemark, der Schweiz, Australien und Großbritannien, an die Spitze des Teilnehmerfeldes und erhält spontan in der Wiener Stadthalle und von Hunderten Journalisten im Pressezentrum einen unglaublichen Zuspruch. Er selbst schüttelt noch ungläubig den Kopf, doch allmählich folgt die Erkenntnis: Er ist der "Hero" des Abends. Um 0.44 Uhr wird es in der Wiener Stadthalle erstmals ausgesprochen: Måns Zelmerlöw gewinnt mit "Heroes" den Eurovision Song Contest 2015.
Sektdusche für den ESC-Champion Måns Zelmerlöw
Er wollte Tennisprofi werden - und ist nun ESC-König: der Schwede Måns Zelmerlöw. Die Highlights von der Punktevergabe, über die Pokalübergabe durch Conchita, bis zur Sektdusche.
Der eingängige Elektro-Pop-Song, gepaart mit einer Performance, die beim ersten Zuschauen durchaus überrascht, bleibt augenscheinlich hängen und begeistert Europa. Der hymnenartige Refrain à la "We are the heroes of our time" unterstützt die Wirkung der frechen und kreativen Animation, mit der Måns Zelmerlöw während seiner Show wie selbstverständlich interagiert. Die Ausstrahlung des smarten Schweden tut ihr Übriges. So kann der Sänger insgesamt zehn Mal zwölf Punkte auf sein Konto buchen, bis er am Ende mit 365 Punkten 62 Punkte vor Polina Gagarina aus Russland liegt.
"Wir sind alle Helden"
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Und plötzlich sind auch Måns Zelmerlöws Augen feucht: Vor lauter Konfetti und einem schwedischen Fahnenmeer weiß der Sänger zunächst gar nicht, wohin mit sich. Mit feucht-strahlenden Augen bleibt er am oberen Ende der Green-Room-Treppe stehen und jubelt mit seinen Fans um die Wette. Auf der Bühne angekommen folgt eine lange und herzliche Umarmung von Conchita Wurst, die ihr Amt als ESC-Siegerin feierlich an Måns übergibt. Ein neuer Eurovision-Held ist geboren und bringt Schweden den mittlerweile sechsten Eurovision Song Contest nach Hause - im dritten Anlauf, denn schon 2007 und 2009 ist Måns Zelmerlöw erfolglos beim schwedischen Vorentscheid angetreten. Jetzt, 2015, ist seine Zeit gekommen.
"Ich bin so extrem glücklich. Danke an euch alle für eure Unterstützung", schreit der Sieger geradezu ins Mikrofon. Bevor es "Good night, Europe" heißt, muss aber natürlich nicht nur eine Siegerperformance, sondern in Conchita-Tradition auch eine Botschaft her: "Wir sind alle Helden - egal, wer wir sind oder woher wir sind!" Er streckt mit vor Schweiß glänzendem Gesicht die Arme in die Höhe und stößt einen letzten Freudenschrei aus. Wenige Sekunden später startet der Gewinnertitel, bei dem es nun kein Halten mehr gibt: Noch fröhlicher und optimistischer ruft Måns Zelmerlöw seine Botschaft heraus.
Druck durch Favoritenrolle

Die Erleichterung ist dem Sänger wirklich anzusehen - er wurde als einer der Top-Favoriten gehandelt, das erhöht den Druck.
Auch wenn es im Vorfeld unter ESC-Fans einige Kritik an seiner Video-Performance gab - Europa hat entschieden und den Schweden zum ESC-Hero 2015 gewählt. In Siegerpose, seinen Mikrofon-Award küssend, posiert er 45 Minuten später auf der hoffnungslos überfüllten Pressekonferenz, bewaffnet mit einem Schweißhandtuch und einer schwedischen Landesflagge. "Ich bin überwältigt und aufgeregt", sagt er, wirkt dabei jedoch schon wieder relativ gefasst. "Ich wusste nach den ganzen Proben in den letzten Tagen einfach nicht mehr, wie ich es noch besser machen kann - und ich war ein bisschen müde, habe wenig Schlaf bekommen", verrät der Schwede auf der Pressekonferenz. Ein bisschen hat er aufgrund seiner großen Favoritenrolle wohl doch mit dem Sieg gerechnet. Doch nach dieser Zitterpartie wird Måns Zelmerlöw - wie augenscheinlich auch vielen Fans in der Wiener Stadthalle - ein riesen Stein vom Herzen gefallen sein. Das Fazit des Gewinners: "Eigentlich wollte ich ja mal Tennisprofi werden - aber das hier ist viel cooler!"
