Stand: 11.04.2019 10:02 Uhr

Israel für Entdecker: Ein Reisetagebuch

von Hannah Lesch, Björn Rohwer, Tobias Zuttmann

15. Tag: Ein bisschen Strandurlaub

Am nächsten Tag entspannen wir am und im Roten Meer. Wir genießen die Sonne, das warme Wasser und sind beim Schnorcheln fasziniert von den Fischen mit ihren strahlenden Farben. Aber auch der Ausblick von den Stränden Eilats beeindruckt uns. Man kann gleich vier Länder sehen - neben Israel und Jordanien liegen auch Saudi-Arabien und Ägypten nur wenige Kilometer entfernt. Nachdem wir uns sattgesehen haben, fahren wir vom Roten Meer weiter zum Toten Meer.

16. Tag: Nach dem Meer ist vor dem Meer

In En Bokek tauchen wir ins Tote Meer ein. Naja, nicht so richtig - denn durch den hohen Salzgehalt kann man im Toten Meer nicht untergehen. Man schwebt auf dem Wasser und ist bemüht, nichts von dem extrem salzigen Wasser in den Mund, die Nase oder die Augen zu bekommen. Björn gelingt nichts von alledem. Aber nach einer Notdusche mit Süßwasser ist alles wieder gut. Nach unserem Ausflug zum Toten Meer fahren wir nach Basr al-Yahud, wo Jesus getauft worden sein soll. Heute lassen sich dort reihenweise Pilger in weißen Gewändern taufen. Allerdings unter strenger Bewachung sowohl israelischer als auch jordanischer Soldaten. Sie patrouillieren auf beiden Seiten des wenige Meter breiten Grenzflusses Jordan. Da wir auf dem Rückweg nach Jerusalem durch das Westjordanland fahren, nutzen wir die Grenzstadt Anata noch einmal für einen Einkauf. Wir decken uns mit Gebäck und Süßigkeiten für die nächsten Wochen ein - ahnen aber schon, dass nach höchstens zwei Tagen nicht mehr viel übrig sein wird. Um unseren günstigen Einkauf sicher nach Israel zu bringen, meistert Hannah am Steuer den chaotischen Stadtverkehr Anatas. Nach einem zweistündigen Stau in Jerusalems Innenstadt sind wir gar nicht so traurig, uns von unserem Auto zu trennen und wieder auf Bus und Bahn umzusteigen.

17. Tag: Raketenalarm - Die Zweite

Unser letzter Morgen in Jerusalem: Heute ziehen wir nach Tel Aviv um. Von der größten zur zweitgrößten Stadt des Landes dauert es mit dem Bus keine Stunde. Tel Aviv begrüßt uns mit Regen, sodass wir gar nicht schnell genug in unsere Wohnung kommen können. Wir leben die nächste Woche in Florentin - dem Szene-Viertel Tel Avivs. Als sich der Regen verzogen hat, erkunden wir noch etwas die Stadt und entdecken schon erste Vorzeichen des ESC: Flaggen, Graffiti und Selfie-Spots. Beim Abendessen in der Wohnung hören wir auf einmal eine laute Sirene. Zu laut, als dass sie von einem Krankenwagen oder Polizeiauto stammen könnte. Verunsichert schauen wir auf die Straße, aber das Leben scheint normal weiterzugehen. Zur Sicherheit werfen wir aber doch einen Blick auf Twitter. Unter dem Hashtag #TelAviv rauschen massenweise Nachrichten zu einem "Red Alert" ein. Kurz darauf eine Explosion. Die darauffolgenden Informationen widersprechen sich, lange verstehen wir nicht, was genau passiert ist. Klar ist nur: Gerade sind zwei Raketen aus dem Gaza-Streifen in Richtung Tel Aviv gefeuert worden, das kam zuletzt während des Gaza-Krieges 2014 vor. Klar ist auch: Was hier gerade passiert ist, ist alles andere als alltäglich. Im Fernsehen sprechen die Experten von einer "Roten Linie", die damit überschritten wurde - wie sehr dieser Konflikt über Nacht noch eskaliert, ist unklar. Alle rechnen mit einem Gegenschlag Israels auf den Gaza-Streifen. Immer wieder fällt das Wort "Krieg". Mit einem mulmigen Gefühl gehen wir schlafen.

18. Tag: Carmel-Markt

Ein Verkäufer mit Eurovision-T-Shirt sortiert seine Ware
In Tel Aviv ist die Vorfreude auf den ESC schon zu spüren.

In der Nacht hat Israel mit Luftangriffen auf Gaza Vergeltung geübt. Die Hamas hat sich inzwischen zu dem Angriff geäußert - der Beschuss soll nur ein Versehen gewesen sein. In Tel Aviv geht das Leben ganz normal weiter. Bei Sonnenschein sitzen Studierende in den Straßencafés und trinken Cocktails. Auf der Suche nach bezahlbarem Essen - Tel Aviv ist immerhin die zehntteuerste Stadt der Welt - landen wir auf dem Carmel Market. An einer langen Straße stehen hier Händler und verkaufen Kleidung, Süßigkeiten, Geschirr, Früchte - im Grunde eigentlich alles. Am Abend sitzen wir zusammen in einem kleinen Park direkt am Meer und beobachten, wie in Tel Aviv der Sabbat begrüßt wird. Es wird gesungen, getrommelt und gekifft.

19. Tag: Sabbat ganz anders

Unser letzter Sabbat in Israel. In Tel Aviv sind zwar auch die Läden geschlossen, ansonsten wirkt der Tag hier aber wie jeder Sonntag in Deutschland. Es laufen keine orthodoxen Juden mit großen Hüten und ernstem Blick durch die Straßen und die Autos fahren auch ganz normal. Wir nutzten den Tag für eine Free Walking Tour - eine Führung zu Fuß - und lernen mehr über die Geschichte von Tel Aviv. Die Stadt besteht aus zwei Teilen: das Jahrhunderte alte Jaffa und das erst am 11. April 1909 gegründete Tel Aviv. Damals wurden unter 60 Familien mithilfe von Muscheln die 60 ersten Grundstücke verlost.

20. Tag: Spaziergang durch die "Weiße Stadt"

Ein schlichtes, weißes Gebäude im Bauhaus-Stil steht am Straßenrand.
In Tel Avivs "Weißer Stadt" stehen 4.000 Gebäude im Bauhaus-Stil.

Am Vormittag treffen wir in einem kleinen Büro über einem Antiquitätengeschäft politische Aktivisten der Bewegung "Standing Together". Hier setzen sich Araber und Juden gemeinsam für eine bessere Zukunft ein: gegen Diskriminierung und für eine gerechte Rente, Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung. Nach dem Termin schlendern wir durchs Bauhaus-Viertel. Tel Aviv ist berühmt für seine "Weiße Stadt". Hier stehen über 4.000 Gebäude im Bauhaus Stil - mehr als irgendwo sonst auf der Welt. Vom Bauhaus-Viertel sind es bis zum Mittelmeer nur wenige Hundert Meter. Auch wenn wir die Badesachen schon eingepackt haben, verzichten wir heute darauf, schwimmen zu gehen. Das Wasser ist noch zu kalt.

21. Tag: Besuch der LGBTQI-Community in Be'er Sheva

Heute fahren wir in den Süden des Landes nach Be'er Sheva, zum einzigen"Pride House" im Süden Israels. Wir treffen uns dort mit Arine Szybowski, die sich hier ehrenamtlich engagiert. Sie hat uns eingeladen, den sicheren Hafen für die LGBTQI (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Transsexual, Queer und Intersex Life)-Community zu besuchen. Wir sprechen lange mit ihr und anderen Mitgliedern der Gemeinschaft. Alle haben eine spannende und inspirierende Beziehung zu diesem Ort. Im "Pride House" tauschen sie sich nicht nur in Selbsthilfegruppen aus, sondern organisieren auch viele gemeinsame Aktivitäten - unter anderem auch ein Public Viewing des ESC. Am Abend lädt uns Arine in ihre Lieblingsbar ein. Hier findet eine politische Diskussion statt, an der auch Celine La Divine, die vermeintlich beste Dragqueen der Region, teilnimmt. Wir bleiben länger als geplant und fahren mit einem der letzten Züge zurück nach Tel Aviv.

Dieses Thema im Programm:

NDR Blue | ESC Update | 27.04.2019 | 19:05 Uhr

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