Stand: 11.03.2014 10:14 Uhr

Dänemark mit ESC-Ohrwurm

Margaret Berger für Norwegen auf der Bühne beim ESC 2013. © NDR Foto: Rolf Klatt
Hat letztes Jahr prima Qualität in Malmö abgeliefert: die Norwegerin Margaret Berger.

24 der 37 Lieder kenne ich inzwischen. Mein Freund Stefan Heinze schickt mir zuverlässig alles, was eben gerade nominiert oder gewonnen hat, zuletzt die Beiträge aus Schweden und Dänemark. Üblich ist unter ESC-Aficionados, zu diesem Zeitpunkt der eurovisionären Saison weitgehend alles für Mist und unter aller Würde zu halten. Kenne ich natürlich, ging mir in den meisten Jahren ja auch so. Bislang stimmt aber, was die norwegische Producerin der Vorentscheidung ihres Landes vor einem guten halben Jahr forderte - und da hatte Margaret Berger ein wirklich prima Lied abgeliefert: mehr Qualität, bitte!

Ein außergewöhnlich guter ESC-Jahrgang

Ich finde, dieser Wunsch geht in Erfüllung. Es wird ein außergewöhnlich gutes Jahr - und viele Acts werden im Laufe der nächsten Wochen und in der Kopenhagener Probenwoche noch an Format gewinnen. Für die deutsche Vorentscheidung heißt das nur: Ein wirklich gutes Lied sollte gewinnen. Und eines, das mit echt vorzüglichen Livequalitäten gebracht wird.

Kaum jemand kann Basims Triumph in Kopenhagen gefährden

Basim freut sich über seinen Sieg beim Dansk Melodi Grand Prix © dpa bildfunk/Denmark Out Foto: Betina Garcia
Wirkt vollkommen natürlich - der talentierte Däne Basim.

Gehe ich die international schon feststehenden Beiträge durch, fällt ein Kracher mir vielleicht nicht ins Auge, aber fräst sich massiv in meine Ohren: Basim aus Dänemark, der mit seinem "Cliche Love Song" am Samstag in Odense einen haushohen Sieg davontrug. Es ist ein Lied, das so sehr mitreißt, wie Alexander Rybaks "Fairytale", mit dem er 2009 in Moskau ja auch gewann. Basim, ein waschechter Däne mit aus Marokko stammenden Eltern, scheint ausweislich der Videoclips im Internet eine echte Rampensau zu sein. Er scheint keine Angst vor dem entscheidenden Auftritt zu haben, das ist eine wichtige Qualität. Man möge den Rest der Acts natürlich noch abwarten. Basim aber muss noch sehr gute Konkurrenten bekommen, die seinen Triumph gefährden können. Er hat Konsequenz, gepaart mit Leichtigkeit und großem Talent. Alles, was an Bruno Mars noch gestreamt und designt aussieht, wirkt an Basim natürlich - und auf die Wirkung kommt es an!

Starke Stimmen aus Italien und Israel

Bei den anderen bin ich mir eher unsicher. Die Britin Molly Smitten-Downes hat ein feines Liedchen, aber es bezwingt nicht auf Anhieb (worauf es nicht minder ankommt); der lettische Beitrag von Aarzemnieki von einem in Riga lebenden Deutschen, ist hübsch und von gänzlich anderer Tonfarbe - er wird live stark gemacht durch sich selbst. Sanna Nielsen singt die beste Komposition, die Fredrik Kempe je beim ESC präsentierte, aber eine gewisse Spur von Eintönigkeit haftet ihrem Lied leider an; dass sie apart aussieht, wird sie bei den skandinavischen Televotern retten. Die französischen Musiker von TwinTwin gewinnen immer mehr - das Lied vom Schnurrbart ist eines für das dritte Hören. Mei Finegold aus Israel und Italiens Emma Marrone - die beim deutschen Vorentscheid auftreten wird - haben ausgesprochen starke Stimmen - und beide werden gut abschneiden, was für die Israelin den sicheren Finaleinzug bedeuten wird. Island, Finnland, Polen, Malta, Montenegro - das ist gehobenes ESC-Niveau, ebenso wie András Kállay Saunders aus Ungarn: Bei allen hofft man, dass sie in den Halbfinals und dann im Finale nicht allzu sehr vom Lampenfieber heimgesucht werden.

Schwacher Beitrag aus Rumänien

Gebündelt ließe sich sagen: Etliche Acts sind eher leiserer Art, viel Rockästhetik wird aufbereitet, manches im Electro-Style, hier und dort schimmert osteuropäische Klangwelt durch - tanzbar allesamt. Eher unauffällig bleiben die Schweiz und Slowenien. Auch Albanien verliert mit den Wochen. Rumänien, das uns ein Wiedersehen mit Paula Seling und Ovi bringt, finde ich persönlich erschütternd schwach. Müssen beide womöglich sich selbst teeren und federn, um, nach dem brennenden Klavier vor Jahren beim ESC, Aufmerksamkeit zu gewinnen?

Schwieriger Fall für die Ukraine

Die ukrainische ESC-Teilnehmerin Mariya Yaremchuk © Mariya Yaremchuk
Mariya Yaeremchuk gewann die ukrainische Vorentscheidung, als Wiktor Janukowitsch noch Präsident im Land war.

Der schwierige Fall wird die Ukrainerin Mariya Yaremchuk, die die Vorentscheidung zu einer Zeit gewann, als Wiktor Janukowitsch noch Präsident und Machthaber war. Die ESC-Kandidatin hat sich öfter für die Partei des Präsidenten ausgesprochen - im Gegensatz zur ESC-Legende Ruslana, die über Wochen auf dem Maidan mit Gesang und Moderationen für die Orangene Revolution II kämpfte und sich auf alle Fälle politisch (und somit europäisch) versteht. Gut wird sein, dass Frau Yaremchuk dabei ist. Gut ist, dass die Ukraine überhaupt mitmacht. Die Wertungen in Kopenhagen werden politischer denn je werden: Wird Yaremchuk dafür bestraft, dass sie aufs falsche Pferd setzte?

Alles in allem: Zwei Tage vor unserer Vorentscheidung sehe ich niemanden außer Basim, der als sicherer Siegeskandidat in Kopenhagen gehandelt werden könnte.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 10.05.2014 | 21:00 Uhr