Stand: 15.05.2015 20:30 Uhr

Der ESC, die schönste Zeit des Jahres

Der Türsummer geht. "Dritter Stock", ruft Ben Morris in die Gegensprechanlage. Der Illustrator und "Erfinder" der ESC-Mini-Icons hat eine Wohnung in Stockbridge in der schottischen Hauptstadt Edinburgh. Ein nettes Viertel mit vielen kleinen Shops und gemütlichen Cafés. Von seinem Wohnzimmer aus, kann er das Schloss, das Edinburgh Castle sehen. Im Schlafzimmer liegt ein geöffneter Koffer, er packt gerade für Wien. Mit fünf Freunden geht's zum Eurovision Song Contest.

ESC-Revival auf dem Land

Ein wenig müde sieht er aus, von März bis Mai hat er immer besonders viel zu tun. Neben Arbeiten für das "Doctor Who Magazine" der BBC illustriert er seit 2010 alle ESC-Teilnehmer. Und er war am Vorabend auf einem Konzert: Bucks Fizz haben gespielt. Mit Freunden ist er nach Kelso gefahren, einen 6.000-Einwohner-Ort 45 Meilen von Edinburgh entfernt, um die Teilnehmer von 1981 zu sehen - oder das, was von ihnen übrig ist. Nach der Trennung von Robert Gubby dürfen sich Cheryl Baker, Jay Aston und Mike Nolan nicht mehr so nennen. Darum heißen sie nun Formerly Of Bucks Fizz. Vor etwa 200 Zuschauern haben sie gespielt, viele wie Morris Mitte 40, einige Ältere, aber auch Jüngere in 80er-Jahre-Outfits. "Die Sängerin Cheryl kam auf die Bühne und hat gefragt: Wie heißen wir? Natürlich haben alle 'Bucks Fizz' gerufen. Sie meinte nur: Ok, das habt ihr gesagt", erzählt Morris. "Sie waren fantastisch, haben toll gesungen und echt Stimmung gemacht. Einer der Locals meinte, das sei das Größte, was in Kelso seit 1966 passiert ist."

Schon immer Fan - lange der einzige

Ben Morris ist ESC-Fan seit er denken kann. Als kleiner Junge hat er den Contest immer besonders gern mit seiner Oma gesehen. Der erste, an den er sich erinnert ist 1977 in London. "Ich weiß noch, dass ich meine eigenen Punktetafeln gemalt habe, als ich ein Schuljunge war. Ich glaube, ehrlich gesagt war ich der Einzige in meiner Klasse, der sich so sehr dafür interessiert hat." Kaum einen Contest hat er seither verpasst. Ironischerweise war der Auftritt von Bucks Fizz einer, den er nicht sehen konnte.

"Die Community ist das Beste"

Lange war Morris der Einzige in seinem Freundes- und Bekanntenkreis, der sich für den ESC interessiert. 1995 stellt eine Freundin ihm dann Ross vor, heute ein guter Freund. "Die Freundin, die uns vorgestellt hat, sagte: Ben, du glaubst es nicht, Ross ist auch ESC-Fan. Ich glaube, sie selbst war am meisten überrascht, dass es zwei von uns gibt", erinnert er sich. Inzwischen besteht fast Morris' halber Freundeskreis aus ESC-Anhängern. Für ihn ist die Zeit von Februar bis Mai die schönste Zeit des Jahres, Stress hin oder her: Er liebt das Event. Am meisten schätzt er die Community - privat und in der Halle. "Da kommen 30.000 Leute verschiedener Nationalitäten zusammen und feiern eine Riesenparty. Wo hat man das sonst schon?", schwärmt er.

Conchita-Fond "zahlt" die Unterkunft

Mit insgesamt fünf Freunden trifft er sich in Wien, die meisten kommen aus Großbritannien, nur einer reist extra aus Kanada an. Sein Kumpel Ross hat die Hälfte der Unterkunft für alle gezahlt. "Er hat im letzten Jahr Geld auf Conchita gesetzt. Er hat 1.000 Pfund gewonnen und einen Teil der Kosten aus dem sogenannten Conchita-Fond gezahlt", lacht Morris. Acht Mal war er bisher vor Ort, 1995 und 1996 - und seit 2010 jedes Jahr. Gestartet hat er mit den Illustrationen als Fan-Projekt, aber inzwischen hat er einige vermarkten können. Die BBC etwa fand seine gezeichnete Bonnie Tyler so gut, dass sie sie für die Bewerbung des Contests 2013 nutzte, und auch Sender aus anderen Ländern nutzen die Icons inzwischen - und die Fans stehen auf Bens Buttons ihrer Favoriten.

Wird es einen Linkyte-und-Baumila-Fond geben?

Ben Morris selbst hat für dieses Jahr keinen klaren Favoriten. Er findet viele Songs gut, mag  Norwegen, Schweden, Estland und Australien, sogar Großbritannien findet er mal wieder gut, auch wenn er den beiden etwas Ausstrahlung abspricht. Besonders begeistert ist er aber von Litauen. "Die beiden haben Ausstrahlung und der Song ist toll und catchy - auf den habe ich sogar gewettet!", gibt er zu. "Ich habe zehn Pfund gesetzt, aber wenn die gewinnen, würde ich vermutlich 1.000 Pfund gewinnen. Dann könnte der Illustrator eventuell im nächsten Jahr die Unterkunft in Vilnius zahlen - aus dem Linkyte-und-Baumila-Fond.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 23.05.2015 | 21:00 Uhr

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