Stand: 07.05.2014 20:35 Uhr

Ein herzlich braver Botschaftsempfang

Michelle vertritt Deutschland 2001 beim Grand Prix und belegt den 8. Platz © dpa Foto: Ulrich Perrey
Schlagersängerin Michelle kam als deutsche Kandidatin beim ESC 2001 als Erste in den Genuß eines Botschaftsempfangs.

Die schöne Tradition der Botschaftempfänge begann im Jahre 2001 - wie dieses Jahr ebenfalls in Kopenhagen. Die Idee war damals, dass die diplomatische Vertretung eines Landes ihre ESC-Delegation aus der Heimat hochleben lässt und alles Gute wünscht. In Deutschland hat das Ministerium des Äußeren, angesiedelt am Werderschen Markt in Berlin, für solche Gesten viel Verständnis. So war es 2002 in Tallinn sogar der Botschafter höchstselbst, der zu seinem großen Vergnügen in sein Repräsentationsgebäude in der Oberstadt der estnischen Hauptstadt einlud - obwohl durchaus nicht erfahren mit den Performances und Tonspuren des ESC. Kurios war, dass alle sehr viel tranken - Wodka, Bier - und sich gefühlt 500 Leute auf 100 Quadratmetern verteilten. Aber die Laune war gesellig, obwohl es außer ein paar Gemüseschnitzchen, die man in einen joghurtähnlichen Dip tunken konnte, nichts gab. Zwei Welten trafen aufeinander: hier der ESC und seine Fans, dort der Ambassador, der doch eher auf Hochkultur geeicht war. Fröhlich ging man auseinander.

VIDEO: Unplugged-Version: Elazias "Is It Right" (5 Min)

Von Riga bis nach Istanbul

Ähnlich war es in Riga, in Istanbul, in Athen - wo es eine Gartenparty für Texas Lightning gab - in Helsinki und Moskau. In Kopenhagen 2001 wurde der deutsche ESC-Tross an einem warmen Frühlingstag in die St.-Petri-Kirche in der Altstadt geladen - Sankt Peders Straede 2. Man kam, mit Michelle als Kronprinzessin deutscher ESC-Hoffnungen in der Mitte, im Garten dieser Kirche der deutschen Christengemeinde in Kopenhagen zusammen, gab sich keinen alkoholischen Aspekten hin - und war doch gut beisammen. Ich erinnere diesen Empfang besonders gut, weil ein Kollege - Reporter einer wirklich sehr großen Zeitung - nicht in der Lage war, vom Hotel der Michelle ein paar Schritte zu Fuß zu gehen und sich ein Taxi nahm: Weil er sich in Straßengewimmel ohne englische Sprachkenntnisse nicht hätte orientieren können. Er kam eine Dreiviertelstunde zu spät.

Basim und Elaiza spielen auf

Yvonne, Ela und Natalie von Elaiza stehen beim Empfang der deutschen Botschaft in Kopenhagen mit Instrumenten auf der Bühne © NDR Foto: Rolf Klatt
Elaiza gaben sichtbar gut gelaunt eine unplugged Version ihres Songs zum Besten

Anyway: Der Botschafter lud auch dieses Jahr ein, und es war ein schöner Empfang. Die drei von Elaiza waren bester Laune; ihre unplugged Version von "Is It Right?" klang so erfrischend wie einst beim Clubkonzert. Vielleicht auch schon deshalb, weil die Positionen der drei so verabredet waren, dass sie sich während des Liedes mal angucken können. Dann kam der Däne Basim und gab eine völlig frei gesungene Fassung von "Cliché Love Song" - er kann das echt gut. Der Ort des Empfangs war der kleine Saal des "Vega", in diesen Tagen auch der Euro-Club. Es war sehr okay, es gab Bier, und der Head of Delegation, Torsten Amarell vom NDR, hielt eine wirklich sehr würdige Ansprache, klasse Worte an alle Gäste.

Weitere Informationen
Basim singt beim Empfang der deutschen Botschaft in Kopenhagen ins Mikrofon © NDR Foto: Rolf Klatt

Basim singt ein Ständchen für Elaiza

Elaiza und Basim sind gemeinsam beim Botschaftsempfang auftgetreten. Bei der deutsch-dänischen Feier überraschte Basim die Mädels mit einer A-cappella-Version von "Is It Right". mehr

Es fehlt das große Parkett

Wie gesagt: Alles war richtig, irgendwie. Trotzdem wünsche ich mir, dass es mal wieder einen Botschaftsempfang gibt, der wirklich in einem nicht ESC-artigen Gebäude stattfindet. Sei es in einer Kirche mit Traditionen, sei es in einem Festsaal wie in Istanbul oder in einem Athener Garten. An irgendeiner Stelle, die sich von üblichen Locations des ESC beeindruckend unterscheidet. Das war stets der Clou für den deutschen ESC-Anhang in einer Eurovisionswoche: das diplomatische Parkett betreten zu können. Und ist es nicht auch der Job von Botschaften, die populärste Pop-Veranstaltung des Fernsehens in Europa zu würdigen, weil sie europäisiert, wie nichts anderes? Ich finde, am Werderschen Markt darf man für solche Projekte gerne eine Kraft abstellen: Dort arbeiten doch genügend Leute, die den ESC mit glühendem Interesse gucken - vor allem die Jüngeren!

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 10.05.2014 | 21:00 Uhr