Stand: 07.05.2014 00:08 Uhr

Zehn Gewinner, sechs Verlierer

San Marino Valentina Monetta © NDR Foto: Rolf Klatt
Für Valentina hat sich die Geduld gelohnt: Sie ist beim dritten Anlauf ins Finale eingezogen.

Der - nach meiner Zählung - dritte direkte Bühneneinsatz von Ralph Siegel beim ESC hat sich gelohnt: Erstmals ist San Marino ins Finale eingezogen, und zwar mit seiner Komposition "May Be", gesungen von Valentina Monetta. Respekt. Der Sängerin ist die Blamage erspart worden, auch beim dritten ESC-Versuch hintereinander am Finaleinzug zu scheitern. Für den Münchner mit der legendären ESC-Vita ist das der vielleicht größte Erfolg seit Dschinghis Khan: So aussichtslos, wie es zunächst in den Proben für diesen Beitrag schien.

San Marino und Island im Finale - wow!

Island Pollapönk © NDR Foto: Rolf Klatt
Sie mussten bis zum Schluss zittern: Erst ganz am Ende wurden Pollapönk aufgerufen - auch sie sind im Finale.

Das erste Semifinale bot noch zwei weitere überraschende Sieger: Islands Pollapönk sind, womöglich ihrer quietschbunten Outfits und der modischen Bärte wegen, am Samstag dabei; ebenso die Niederländer von The Common Linnets. Routiniert und nicht gerade mit Thrill versehen waren die Qualifikationen von Schweden, der Ukraine, von Aserbaidschan und Montenegro. Russland hat, obwohl die Tolmachevy-Zwillinge in der Halle mit hörbaren Buhrufen von der Bühne verabschiedet wurden, doch auf die Sympathien seiner Freunde und Freundinnen der anderen ersten 15 Teilnehmerländer bauen können. Dass Ungarn weiterkommen würde, war ebenso keine Überraschung: Der Sänger war der musical-artigste von allen, er nutzte auch die volle Bühne aus - bei ihm war, obwohl er eine traurige Botschaft zu verkünden hatte, Leben im Auftritt.

Die Verlierer des Abends

Estland, Lettland, Portugal, Albanien, Moldawien und Belgien müssen tief enttäuscht sein. Aber die Estin sang ein Lied, das es auch in den frühen Achtzigern kaum in die Top Ten gebracht hätte - und der lettische Niedlichkeitspop der Hobbybäcker war dann doch offenbar nur putzig. Die Albanerin wäre bestimmt weitergekommen, hätte sie wie beim Vorentscheid mit echt sinfonischer Begleitung ihr Lied singen können - aber aus der Konserve. Nein, nach meinem Eindruck schien sie auch Angst in der Stimme zu transportieren: Angst aßen wohl Seele auf. Moldau war ein performativer Viertelwitz: Auch die Windmaschine konnte das lauwarme Feuer nicht zum Lodern bringen. Portugal wird sich fragen, was es falsch gemacht hat: Klang doch alles peppig, was die Suzy da trällerte. Allerdings hatte diese tanzbare Nummer etwas Plagiatorisches - hörte Portugal sich nicht immer schon so an?

Sonderfall Belgien

Belgien Axel Hirsoux © NDR / Rolf Klatt Foto: Rolf Klatt
Eine Ode an alle Mütter - die nicht gezogen hat. Axel Hirsoux wurde nicht ins Finale gewählt.

Und schließlich Belgien: Axel Hirsoux sang mächtig, sah mächtig aus – eine sehr runde Sache. Nun, aber "Mother" als Titel - das Thema Mütter? Nein, das war dann doch ein wenig zu schmalzig und Paul-Potts-haft für die auf Pop und nicht auf Muttertagsästhetik eingeübte Eurovisionscommunity. Er ist ein netter Kerl, er hätte einen Ehrenplatz im Finale verdient, menschlich gesehen. Aber der Titel war einfach, nun ja, schlimm. Mütter mögen bitte nicht so sein, dass ihre Söhne solche Lieder auf sie singen – auf diesem Ehrerbietungsparkett rutscht es sich vor Rührseligkeit nur aus.  

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 10.05.2014 | 21:00 Uhr