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Netta
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"Toy",
2018
in Lissabon
(Finale)
(1. Platz, 529 Punkte, davon 212 Jurypunkte)
Netta bittet zum "Toy"-Dance
Sie gurrt, gackert und tschirpt: Die Rede ist von Netta, die mit "Toy" (Spielzeug) einen richtigen Volltreffer landet. Kaum ist die Elektropop-Nummer mit den schnellen Beats und orientalischen Klängen am 11. März abends auf der Webseite des israelischen Senders Kan veröffentlicht, verzeichnet er 1,3 Millionen Seitenaufrufe und bei den internationalen Buchmachern rangiert der Song wochenlang an der Spitze. Der Hype im Vorfeld sollte sich nicht als Blase herausstellen: Netta gewinnt den 63. Eurovision Song Contest.
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Der ESC-Siegersong 2018: "Toy" von Netta
Sie wurde ihrer haushohen Favoritenrolle am Ende gerecht: Die israelische Sängerin Netta gewinnt mit ihrem Song "Toy" den Eurovision Song Contest 2018 in Lissabon.
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Netta hat den Move
Kein Wunder, die 25-Jährige aus der Nähe von Tel Aviv kommt mit einer Wucht daher, die an Beth Ditto erinnert. Wie die US-Sängerin hat auch die junge Israelin ein Faible für ausgefallene Kleider - einheimischer Designer - und viel Schminke. Im Video zu "Toy" rollt und zwinkert Netta mit den Augen und spitzt den Mund. Zu den Moves ihres "Toy"-Dance kursieren bereits erste Videos im Netz. Ellbogen als Flügel schlagen, Twist ähnliche Kniebeugen machen und mit dem Hintern wackeln - wer weiß, vielleicht legen die Besucher der Arena in Lissabon mit Netta gemeinsam einen kollektiven "Ententanz" aufs Parkett, in guter Erinnerung an die 80er.
Looper ist ein Novum beim ESC
Beim israelischen Vorentscheid ist Netta noch weit von einer Favoritenrolle entfernt. In den 20 Runden von "HaKokhav HaBa L'Eurovizion" kommt sie oft nur knapp weiter, nicht selten mit Unterstützung der Juroren. Aber sie fällt auf - mit ihrer kraftvollen Stimme und einem Looper. Das spezielle Aufnahmegerät verzerrt die Stimme der 25-Jährigen. Sie präsentiert ein Hitmedley, das die Jury in Staunen versetzt: "So etwas haben wir hier noch nie erlebt", lautet deren Kommentar, obwohl die Fachleute durchaus Schrilles gewöhnt sind. Die Loop Box kommt auch in Lissabon zum Einsatz, das hat die EBU bereits abgesegnet.
Starke Frau, starker Song
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Mit Toy aus der Feder von Dorin Medalie setzt Israel in Portugal auf ein bewährtes Erfolgskonzept. Von dem 40-jährigen Hitschreiber stammen auch "Golden Boy", den Nadav Guedj 2015 performt, ein Jahr später singt Hovi Star Medalies Song "Made Of Stars". Beide Künstler kommen ins Finale. "Toy" ist von der aktuellen MeToo-Debatte inspiriert - es richtet sich gegen respektlose Männer und will die Rechte von Frauen stärken: "I'm not your toy, you stupid boy", (Ich bin nicht dein Spielzeug, du dummer Junge) heißt es in Nettas Song. Sie sei superstolz darauf, ihn singen zu dürfen, denn sie wisse, wie viele Frauen sich unter Druck gesetzt fühlen, so zu sein, wie es die Gesellschaft vorschreibt, erzählt sie im Tagesspiegel-Interview.
Netta sticht aus der Masse heraus
Deshalb ist der Sängerin das Thema auch so wichtig: Schon als Kind hat Netta Ausgrenzung erlebt, weil sie anders ist. Die in Hod HaSharon nördlich von Tel Aviv geborene Sängerin mit georgischen Wurzeln lebt als kleines Mädchen zeitweise in Nigeria. Wie alle Israelis absolviert sie den Militärdienst, und singt dort in der Marineband. Netta jobbt außerdem als Kellnerin und im Kindergarten. Musikalisch tritt sie zunächst als DJ bei Hochzeiten auf, 2016 ist sie Mitbegründerin des Gesangensembles "The Experiment", mit ihm tourt sie zwei Jahre durch Israel.
Jetzt macht Netta mit dem Eurovision Song Contest in Portugal den nächsten Schritt. Auch wenn manch einem ihr Gegacker vielleicht auf die Nerven geht - die 25-Jährige ist einfach ganz anders als die anderen.
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Pink, Rot, Schwarz - das sind die beherrschenden Farben bei Nettas Auftritt in der Altice Arena in Lissabon. In den kräftigen Nuancen schimmert nicht nur das Kleid der 25-Jährigen aus Israel, auch die Bühne leuchtet in diesen Tönen.
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Zum Bühnenbild gehören japanische Deko-Katzen, die der Künstlerin rhythmisch zuwinken. Währenddessen spielt Netta an ihrer Loop-Station. Erstmals kommt dieses spezielle Aufnahmegerät beim ESC zum Einsatz.
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Stark in Gestik und Mimik - das ist Netta. Zusammen mit ihren drei Tänzerinnen schafft sie es, eine energische und mitreißende Performance abzuliefern. Ihre Mitstreiterinnen geben außerdem einen guten Chor ab.
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Die Sängerin trägt gerne dick auf: Auffälliges Make-up und große Ohrringe gehören zum Netta-Style unbedingt dazu. Die 25-Jährige hat außerdem ein Faible für ausgefallene Kleidung, trägt mal Kimono, mal Kapuzenpulli oder ein zartes Ballerina-Kleid.
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Vom Typ erinnert Netta an die US-amerikanische Sängerin Beth Ditto. Die Israelin stellt im "Tagesspiegel" allerdings klar: Beth sei großartig, aber sie sehe da keine Verbindung. "Wir haben nicht dieselbe Musik. Das einzige Ähnliche ist, dass wir beide kräftige Mädchen sind."
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So sehr Netta als Typ polarisiert, so entzweit sie mit "Toy" auch die ESC-Fangemeinde. Vielen gefällt der Mix aus Pop und K-Pop, andere finden den Song schrecklich. Aber er trifft mit seiner Botschaft an chauvinistische Männer - "Ich bin nicht dein Spielzeug -" einen Nerv der Zeit.
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Bei den Buchmachern liegt "Toy" im Vorfeld der Finalwoche klar auf Platz eins. Und natürlich möchte Netta gewinnen - und ihren Sieg, 20 Jahre nach dem Triumph von Dana International, ihrem Land zu dessen 70. Geburtstag widmen.
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Auch auf dem roten Teppich bleibt Netta ihrem auffälligen Kleidungsstil treu: Ganz in Weiß zieht sie an diesem Abend zur ESC-Eröffnung alle Blicke auf sich.
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