Was wurde aus den Favoriten der Buchmacher?
Abgesehen von den Shows: Das Schönste am Eurovision Song Contest ist das Diskutieren und Orakeln im Vorfeld. Wer wird am Ende die ESC-Trophäe in sein Land tragen? Das war die zentrale Frage, die in diesen Tagen die ESC-Fans beinahe rund um die Uhr beschäftigte.
Zypern in den Wettbüros vorn, Michael Schulte in den Top Five

Am Finaltag lag Eleni Foureira aus Zypern mit ihrem Song "Fuego" laut eurovisionword.com bei den Buchmachern auf Platz eins. Damit verwies sie die Israelin Netta, die lange die Spitzenposition innehatte, mit "Toy" auf den zweiten Platz. Im Finale holte Netta sich dann ihre Poleposition wieder zurück und brachte Israel den Sieg. Der deutsche Kandidat Michael Schulte war am Dienstag vor dem Finale noch auf Platz 15 gelistet. Mit "You Let Me Walk Alone" landete er am Ende auf Platz vier der Gesamtwertung. Statistisch sagen die Wettquoten übrigens nichts über die Platzierungen 2 bis 26 aus, denn gewettet wird nur auf den Sieg. Wenn beispielsweise ein Kandidat auf Platz zehn liegt, bedeutet das nicht, dass er nach Meinung der Buchmacher auch dort landen wird, sondern dass es für neun Songs wahrscheinlicher ist, dass sie im Finale den Sieg davontragen. Auf den ersten Platz zu wetten, ist für Zocker allerdings wenig attraktiv: Wer sein Geld auf diesen Act setzt, verdient bei einem Sieg höchstens ein paar Cent.
Googles "The Eurosearch Contest": Israel gewinnt
Google hat auch in diesem Jahr eine umfangreiche und detailgenaue Aufbereitung der Suchanfragen entwickelt und sich gefragt: Was wäre, wenn Google-Suchanfragen in ESC-Punkte umgewandelt würden? Laut Analyse des Projekts "The Eurosearch Contest" sollte Netta aus Israel mit 363 Punkten gewinnen. Am Ende ist sie sogar auf 529 Punkte gekommen. Auf Platz zwei folgte laut Google-Prognose relativ knapp Alexander Rybak mit 344 Punkten. Tatsächlich erreichte der Norweger mit 144 Punkten nur Platz 15.
Rang drei wäre laut Analyse an Mikolas Josef aus Tschechien mit 323 Punkten gegangen. Er muss sich nach der Show mit dem sechsten Rang und 281 Punkten zufrieden geben. Der deutsche Kandidat Michael Schulte hätte laut Google Research mit 13 Punkten den 19. Platz belegt. Auch hier hat die Vorhersage nicht gestimmt. Geht es nach den Suchanfragen, favorisierte das Publikum in Deutschland ebenfalls den Beitrag aus Israel. Im Televoting bekam Netta aus Deutschland aber nicht die Höchstpunktzahl zwölf, sondern zehn. Die Daten wurden am 1. Mai gesammelt, sie umfassten Suchanfragen der sieben vorherigen Tage.
Tipps unseres Teams
Natürlich gab auch das Team von eurovision.de wie in jedem Jahr Tipps ab. Vor Ort konnten sich schließlich alle ein ganz genaues Bild von den Kandidaten und ihrem Auftreten machen: Sei es beim roten Teppich in Lissabon oder in Interviews, die sie mit den Teilnehmern führten. Dabei tasteten sie sich erst mal langsam ran und gaben zunächst immer ihre Prognosen ab, welche Acts in welchem Halbfinale rausfliegen und damit die Chance auf einen Auftritt im Finale verpassen. In diesem Jahr tippten unser Teamchef Jürgen Werwinski, die Moderatoren Alina Stiegler und Stefan Spiegel, unsere Videoproducerin Mairena Torres-Schuster, Radiomoderator Thomas Mohr, die Experten Jan Feddersen und Irving Wolther sowie unser Volontär Marcel Stober.
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NDR 2 Redakteur Thomas Mohr sagte voraus, dass der israelische Beitrag das Rennen im Finale machen wird: "Netta ist als Königin von Lissabon angereist. Und sie wird Portugal auch als solche verlassen."
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"Die Gabbani-Geschichte wird sich hoffentlich nicht wiederholen. Erinnern wir uns, warum wir die Israelin vor noch einer Woche für unschlagbar hielten: Ihr Song 'Toy' ist tanzbar, dynamisch, inhaltlich relevant, Netta eine charismatische Frau, eine beeindruckende Künstlerin, eine kreative Sängerin und eine glaubhafte Akteurin in der #metoo-Debatte. Sie ist eine würdige Siegerin. Und viele Fans wären wirklich heiß drauf, im nächsten Jahr nach Israel zu fahren", so Mohrs Prophezeiung.
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Ziemlich nah dran lag auch Moderator und Reporter Stefan Spiegel mit seinem Tipp, dass Eleni Foureira ganz vorne mitmischt. Immerhin landete Zypern auf Platz zwei. "Das erste Mal, als wir gemeinsam 'Fuego' gehört haben, hat es uns schon umgehauen. Was für ein Partysong", sagte er.
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"Und: Eleni Foureira ist eine unglaublich hart arbeitende Künstlerin, die unfassbar viel Energie und Perfektion in ihre Performance steckt. Ihr Song ist nicht banal, im Gegenteil: Es ist perfekter Pop, den sie mit 'Fuego' performt. Wenn das Fast Food sein soll, ist eine Burgerkette ein Drei-Sterne-Restaurant", erklärte Spiegel weiter.
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Unser ESC-Experte Jan Feddersen setzte voll und ganz auf Deutschland mit Michael Schulte - und der landete auf dem fantastischen vierten Platz: "Auch wenn ich mich damit der Gefahr aussetze für überpatriotisch gehalten zu werden. War der nicht neulich an den Wettbörsen auf dem letzten Platz? Aber so ist das: Die Letzten werden die Ersten sein", sagte Feddersen voraus.
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"Schultes Lied 'You Let Me Walk Alone' ist einer der raren Beiträge in Lissabon, die authentisch wirken. Und ja, es ist pompös, es ist ernsthaft-sentimental, es handelt von Trauer und Verlust. Ähnlich wie Johnny Logan 1987 mit 'Hold Me Now' muss der Buxtehuder diese Gefühligkeit nicht spielen, er lebt sie auch", bemerkte Feddersen treffend.
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"Und ähnlich wie die Olsen Brothers 2000 mit 'Fly On The Wings Of Love' wird er zeigen, dass auf Fanclub-Voten und Buchmacher so gar kein Verlass ist. Er wird den ESC-Televotern zu Herzen gehen, und er wird auch die Jurys überzeugen", so Feddersens abschließendes Votum vor dem Finale.
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Unser Volontär und langjähriger ESC-Fan Marcel Stober meinte, Mikolas Josef aus der Tschechischen Republik holt 2018 den Sieg - und lag mit dem sechsten Rang des Tschechen gar nicht schlecht.
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"'Lie To Me' ist ein moderner, ein tanzbarer, ein guter Popsong. Endlich mal wieder ein Lied, das auch nicht mehr sein möchte als genau das. Ich wünsche und gönne Mikolas Josef den Sieg, weil der ESC nach den getragenen Nummern von Jamala und Salvador Sobral endlich mal wieder etwas Schmissiges braucht! Leider hat sich Mikolas in der ersten Probe auf der Bühne am Rücken verletzt, aber ich bin mir sicher, dass er im Finale eine wahnsinnig gute Show hinlegen wird", sagte Fan Stober zu seinem Tipp.
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Mairena Torres-Schuster ist seit Jahren fester Bestandteil des ESC-Teams. Als Autorin unserer Video-Produktionen hat sie einen guten Überblick. Sie prognostizierte: Der schwedische Beitrag hat die besten Siegchancen. Und lag mit dem siebten Platz der Schweden nicht völlig daneben.
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"Auf einer langen Autofahrt nach Berlin habe ich mir alle ESC-Songs dieses Jahres angehört - und der schwedische Song ist etwas Besonderes. 'Dance You Off' ist der einzige radiotaugliche Song im Wettbewerb, der es sogar schafft, meinen Mitfahrer zum Mitwippen zu bringen. Der Mega-Bass passt super zur Justin-Bieber-Stimme von Benjamin Ingrosso, der eine perfekte Show auf die Bühne bringt. Manche sagen sogar, zu perfekt - aber was ist daran schlimm?", erkärte Torres-Schuster.
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Online-Teamchef Jürgen Werwinski war sich sicher, dass Madame Monsieur aus Frankreich gewinnen würden und lag dann mit dem 13. Platz der Franzosen eher weit daneben: "Es geht um ein ernstes Thema, das ganz Europa betrifft. Den Franzosen ist es gelungen, eine moderne, emotionale Geschichte zu verpacken - und das ohne erhobenen Zeigefinger", so sein Plädoyer für die Franzosen.
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"Madame Monsieur erzählen Europa die Geschichte des Flüchtlingsbabys 'Mercy' so berührend, dass viele anrufen werden und auch die Jurys diesen Song nicht ignorieren können. Ja, der Song polarisiert - in einigen französischen Radiostationen wird er aufgrund von Protesten nicht gespielt - aber hat Jamala Polarisierung geschadet? Für ganz Europa wäre es wichtig, wenn Frankreich das Rennen macht", erklärte Werwinski die Notwendigkeit eines französischen Sieges.
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Moderatorin Alina Stiegler rechnete mit einem Sieg für Irland und lag mit dem 16. Platz für den Beitrag von der grünen Insel etwas weiter daneben. "Im ESC-Startfeld 'Liebesballaden' bin ich am meisten von Ryan O'Shaughnessys 'Together' berührt. Spanien besingt eine überhöhte erste Liebe. Litauen widmet sich der Bis-uns-der-Tod-scheidet-Fantasie. Von mir aus. Aber ist das nicht auch ein bisschen unrealistisch", erklärte Stiegler.
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"Ryan O'Shaughnessy hingegen schildert ein Gefühl, das jeder kennt - eine enttäuschte Liebe. Diese Geschichte lässt er von zwei Tänzern auf der Bühne erzählen und schafft damit nicht nur Raum für eine echte Lebenserfahrung, sondern auch ein starkes Forum für gleichgeschlechtliche Paare. Am Ende schneit es und ja, man möchte fast Rosen spucken, aber trotzdem habe ich nach drei Minuten Tränen in den Augen. Richtig gut gemacht, Irland", so Stiegler weiter.
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Musikwissenschaftler und ESC-Experte Irving Wolther wünschte Ungarn den Titel und katapultierte sich mit seinem Tipp auf den letzten Platz im Experten-Ranking. AWS landeten auf Platz 21. "Im diesjährigen Teilnehmerfeld gibt es so viele Favoriten, dass es geradezu nach einem Außenseitersieg schreit", erklärte Wolther vorab.
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"Und während sich die favorisierten Popnummern aus Israel, Zypern und Frankreich gegenseitig die Punkte wegnehmen, könnte die kleine aber feine Metal-Fangemeinde das Zünglein an der Waage sein - zumal selbst Wacken die Jungs von AWS unterstützt. Außerdem ist 'Viszlát nyár' melodisch genug, um auch den Popfans zu gefallen. Und Ungarn ist nach so vielen tollen Songs in den vergangenen Jahren einfach mal dran", sagte Dr. Eurovision.
ESC-Songchecks: Israel vor Tschechien und Frankreich
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In unseren vier Songcheck-Sendungen nahmen in den vergangenen Wochen sowohl Nutzer als auch Experten und Fans gemeinsam mit unserem Moderatoren-Duo Alina Stiegler und Stefan Spiegel alle 43 Titel des diesjährigen Song Contests unter die Lupe. Am Ende der Reihe gab es dann eine klare Favoritin. Netta aus Israel holte durchschnittlich elf Punkte und führt das Gesamtranking an. Auf Platz zwei lag der Tscheche Mikolas Josef mit "Lie To Me", den dritten Platz belegten Madame Monsieur aus Frankreich mit "Mercy".
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