Proben zweites Halbfinale: Akrobatik und Romantik
Romantik allerorten am ersten Probentag für das zweite Halbfinale - nicht nur bei den Kroaten Igor Cukrov feat. Andrea. Sie inszenieren ihre Ballade mit Blumenmustern auf den Screens und greifen zur alt bewährten Windmaschine - die darf natürlich auch in diesem Jahr auf gar keinen Fall beim ESC fehlen.
Rote Rosen und Sterntaler
Auch die polnische Sängerin Lidia Kopania setzt auf sehr viel Gefühl. Zu ihrer Ballade drehen zwei Balletttänzer ihre Pirouetten, auf den Bildschirmen werden aus grauen Wolken langsam rote Rosen. Lidia selbst reißt sich trotz Halsschmerzen ordentlich zusammen und meistert die Probe mit Bravour. Die erst 17-jährige Christina Metaxaaus Zypern trägt "Firefly" ebenfalls vor romantischer Kulisse und in einem Kleid vor, das an Sterntaler erinnert. Den Song hat übrigens ihr vier Jahre älterer Bruder geschrieben.
Den Gipfel der Romantik liefern dann Kamil Mikulcík & Nela Pocisková aus der Slowakei bei ihrem Duett "Let' Tmou": Sie absolvieren ihren „Flug durch die Nacht“, so die Übersetzung des Titels, vor Leinwänden mit langsam rotierenden romantischen Kerzen - sie im fließenden, gleißend hellen Kleid, er im Anzug mit leger geöffnetem Hemd.
Pop-Rock und Schräges
Entgegen der Tradition verzichten die irischen Teilnehmer in diesem Jahr eher auf Romantik und Folklore. Ob Sinéad Mulvey & Black Daisy das früher oder später bereuen? Irland hat den Grand Prix insgesamt sieben Mal gewonnen, allerdings immer mit einer Ballade.
Die Letten stechen am dritten Probentag etwas aus der Masse heraus. Intars Busulis schlägt eher schräge Töne an zu seinem Song "Probka". Darin besingt er die Langeweile, die einen in zähfließendem Verkehr befällt. Seine Tänzerinnen bestechen vor allem durch ihre Kleider - die sehen ein bisschen aus, als seien sie aus mehreren Kissenbezügen zusammen genäht worden. Ein wenig speziell ist auch der Auftritt der Serben Marko Kon & Milan. Sie zeigen ungewöhnliche Tanzschritte und pantomimische Einlagen - und Markos Frisur ist ohnehin riesig.
Die Männer aus dem Norden
Bodenständiger gibt sich der Däne Brinck. Seinen Song "Believe Again", an dem Ex-Boyzone-Mitglied Ronan Keating mitgeschrieben hat, präsentiert er wie gewohnt - und passend zur Stimme - im Bruce-Springsteen-Jeans-Look. Statt Holzfällerhemd trägt er aber Weste und Halstuch. Trotz einer anständigen Probe glaubt er selbst, es wäre wohl "dumm, zu sagen, er würde gewinnen".
Und tatsächlich ist für viele Buchmacher und Fans ein anderer Mann aus dem Norden der Favorit dieses zweiten Halbfinales: Als der Norweger Alexander Rybak die Bühne betritt, ist es davor so voll wie bei noch keiner anderen Probe in diesem Jahr. Könnte das vielleicht schon ein Zeichen dafür sein, dass mit "Fairytale" für Alexander tatsächlich ein Märchen wahr wird? Am 14. Mai, dem Tag des zweiten Halbfinales, werden wir alle schon ein bisschen mehr darüber sagen können.
Tempo und Tanz am zweiten Probentag
Nach dem eher balladenlastigen ersten Probentag für das zweite Halbfinale dominieren bei der zweiten Probe die schnelleren Songs mit viel tänzerischer Performance. "Dance with me" heißt passender Weise auch der Titel des ungarischen Beitrags. Drei Tänzerinnen umschwärmen Sänger Zoli Ádokbei seinem Dancesong. Der Titel ist nicht nur akustisch eine Reminiszenz an die Disconummern der 70er-Jahre. Auch die Bühne strahlt in schönster 70er-Optik.
Weniger tanzwütig gibt sich der slowenische Beitrag von Quartissimo feat. Martina - was wohl vor allem an der Wahl der Instrumente liegt. Mit ihren Celli und Geigen können sich die Streicher, die Sängerin Martina bei ihrer "Love Symphony" musikalisch begleiten, nur eingeschränkt bewegen. Immerhin, sie geben ihr Bestes und schreiten gegen Ende des Songs gemessenen Schrittes um die Sängerin herum.
Viel Feuer, viel Farbe
Aserbaidschan gilt als das Land der Feuer und diesem Ruf will es offenbar auch beim Eurovision Song Contest gerecht werden. Wenn AySel und Arash Rücken an Rücken zu singen beginnen, lodern im Hintergrund die Flammen. Dazu wirbeln zwei Tänzerinnen über die Bühne, auf der Orange, Gelb, Rot und Schwarz dominieren - die Farben des Feuers. Am Ende sprühen dann auch noch ganz real die Funken - und sorgen dafür, dass der Auftritt optisch in Erinnerung bleibt.
Mit einer tanzlastigen Darbietung zu seiner Up-Tempo-Nummer startet ESC-Veteran Sakis Rouvas ins Rennen. Gemeinsam mit zwei Tänzerinnen und zwei Tänzern liefert der Grieche eine unterhaltsame Performance. Dass Rouvas bei einem Durchlauf stolpert, gehört zur Probenroutine dazu. Im Hintergrund farbige Verläufe, die Assoziationen an großstädtisches Nachtleben wecken.
Höllenmaschine und brennende Hände
Selbstbewusst und energisch der Auftritt von Svetlana Loboda: Das Anti Crisis Girl aus der Ukraine lässt sich über die Bühne wirbeln und tanzt mit ihren drei Tänzern in der groß angekündigten "Höllenmaschine" herum - einer Bühnenkonstruktion, die aussieht wie drei überdimensionale Zahnräder. Gegen Ende ihres Songs legt die Sängerin gleich noch ein Ständchen am Schlagzeug ein - irgendwo muss wohl die überschüssige Power noch hin.
Ruhiger geht es bei Sasha Son zu, der für Litauen antritt: Im ersten Teil seines Auftritts sitzt er am Flügel. Erst nach etwa der Hälfte seiner Ballade steht er auf und singt auf der Mitte der Bühne weiter. Im Hintergrund rieseln sanft Notenschlüssel und kubische Formen. Insgesamt ein eher beschaulicher Auftritt. Auf eine kleine Showeinlage dürfen sich die Zuschauer am Ende des Songs aber doch noch freuen. Dann geht Sasha Son buchstäblichen ein Licht auf: Wie von Geisterhand entzündet sich eine Flamme in Sasha Sons nackter Handfläche.
Akrobatik und Volkstanz
Einer fast akrobatischen Herausforderung hat sich die erst 17-Jährige Kejsi Tola gestellt, die für Albanien antritt. In High Heels und pinkfarbenen Röhrenjeans schreitet sie im Tanzschritt über die Probenbühne. Drei Tänzer eskortieren die Sängerin dabei und legen sich für sie mit Headspins und anderen spektakulären Tanzeinlagen mächtig ins Zeug. Passend zur Titelzeile "Carry me in your Dreams" benutzt Kejsi Tola ihre Tänzer immer wieder als willige Podeste und Sitzkissen. Und legt für einen Teenager eine ziemlich selbstbewusste Pose an den Tag.
Ein Volkstanz beim Eurovision Song Contest - das verspricht einen unterhaltsamen Auftritt. Nelly Ciobanu singt nicht nur über einen typischen moldawischen Volkstanz, sie zeigt ihn auch. Vor LED-Wänden, die regionale Ornamente zeigen, präsentiert sie ihren Ethnopop-Song "Hora Din Moldova", gesungen hauptsächlich in rumänischer Sprache. Eine gutgelaunte Performance, die zum Mitklatschen reizt.
Blinke-winke und dunkle Geigen
Viele Lichteffekte gibt es bei den niederländischen Toppers - kein Wunder, treten sie doch mit dem Song "Shine" an. Vor bunt flackernden Bildschirmen und gekleidet in dunkle, mit kleinen Lämpchen gespickte Anzüge geben die drei älteren Herren und ihre zwei gewichtigen Background-Sängerinnen mächtig Stoff. Am Ende schwenken die Toppers die Arme, in den Handflächen erstrahlen helle Lichter - das nennt man dann wohl blinke-winke.
Erheblich düsterer der Auftritt von Urban Symphony: Die jugendlichen Musikerinnen des Streicher-Quartetts aus Estland und ihre Sängerin Sandra Nurmsalu wirken cool, beinahe gleichgültig bei der Präsentation ihres charismatischen Songs "Rändajad" - und sind dabei sehr überzeugend. Heimlicher Favorit.