Stand: 27.05.2019 09:15 Uhr

Kein haushoher Favoriten-Sieg beim ESC 2019

Duncan Laurence auf der ESC-Bühne. © Thomas-Hanses Foto: Thomas-Hanses
Kein haushoher ESC-Sieger: Duncan Laurence aus den Niederlanden.

Wer hätte gedacht, dass der haushohe Buchmacherfavorit Duncan Laurence den Eurovision Song Contest in Tel Aviv am Ende gar nicht so haushoch gewinnt, wie von allen vermutet? Gerade einmal 51,25 Prozent der insgesamt 960 erreichbaren Punkte konnte der Niederländer für seinen Song "Arcade" einstreichen, 498 an der Zahl. In Prozentpunkten betrug sein Vorsprung vor dem Italiener Mahmood nur 2,81 - der geringste Vorsprung seit dem Sieg von Jamala 2016 in Stockholm und insgesamt das schlechteste Punkteergebnis seit Einführung des zweigeteilten Wertungssystems. Dass der achtplatzierte Chingiz aus Aserbaidschan noch ein Punktergebnis von über 300 erreichte (302, um genau zu sein), zeugt davon, dass das Rennen um den Sieg lange nicht so klar war, wie es die Wettbüros vorausgesehen haben.

VIDEO: Das ESC-Finale in voller Länge (251 Min)

Knappes Rennen im ESC-Halbfinale

Spannend war bei der 2019er-Ausgabe des Eurovision Song Contest nicht nur das Kopf-an-Kopf-Rennen im Finale, sondern auch der hauchdünne Vorsprung, mit dem die Songs aus Weißrussland und Dänemark den Sprung ins Finale geschafft haben: Zena lag mit ihrem "Like It" gerade einmal zwei Punkte vor der polnischen Frauenband Tulia, Leonora sogar nur einen Punkt vor dem Litauer Jurij Veklenko. Der wurde für sein "Run With The Lions" vor allem von den Jurys abgestraft, die ihn neun Ränge niedriger einstuften als das Publikum. Lachende Dritte war Jonida Maliqi aus Albanien, die nur aufgrund der Umrechnung der Rankings in Punkte die Qualifikation schaffte: Sie lag im Ranking bei Jury und Zuschauern gleichermaßen auf Platz zwölf.

Weniger Jury-Ausreißer als 2018

Für Norwegen steht KEiiNO mit "Spirit In The Sky" auf der ESC-Bühne. © picture alliance Foto: Sebastian Scheiner
Lieblinge beim Publikum, von den Jurys schlechter bewertet: KEiiNO aus Norwegen.

Auch wenn die Jury in diesem Jahr wieder einigen Publikumsfavoriten einen Strich durch die Rechnung machte und einzelne Beiträge ordentlich nach oben pushte, waren so extreme Ausreißer zwischen Jury- und Publikumsgeschmack wie im Vorjahr (als der Schwede Benjamin Ingrosso von den Jurys um ganze 21 Ränge besser bewertet wurde als von den Zuschauern) nicht zu beobachten. Dass die norwegische Band KEiiNO bei den Jurys um 17 Ränge schlechter abschnitt als bei den Zuschauern, die "Spirit In The Sky" auf den ersten Platz gesetzt hatten, blieb allerdings nicht unbemerkt. Schon im Semi hatten die Fachleute den norwegischen Popsong zehn Ränge schlechter bewertet als das Publikum. Nur Serhat aus San Marino wurde im ersten Halbfinale noch stärker abgestraft.

Wertungen von Jurys und Publikum liegen auseinander

Im Finale gingen die Juroren fast schon gnädig mit dem Mann aus Istanbul um und beurteilten ihn im Schnitt nur um 5,25 Ränge niedriger als die Zuschauer. Weitaus mehr Federn lassen mussten die Beiträge aus Island (-7,88 Ränge), Spanien (-7,98 Ränge) und vor allem Norwegen (-9,35 Ränge). Die Jurys in Frankreich und Tschechien bewerteten KEiiNO sogar 21 beziehungsweise 22 Plätze schlechter als die Fernsehzuschauer in den jeweiligen Ländern. Weitgehende Einigkeit bei Juroren und Zuschauern herrschte dagegen beim albanischen Beitrag "Ktheju Tokës": Nur 0,18 Ränge trennen Jury- und Publikumswertung hier voneinander. Besonders uneinig waren sich die Juroren erwartungsgemäß beim isländischen Beitrag: "Hatrið mun sigra" von Hatari. Hier lag die mittlere Abweichung vom Ergebnis bei 5,71 Rängen. Der schwedische Beitrag "Too Late for Love" von John Lundvik sorgte dagegen mit einer mittleren Abweichung von nur 3,53 Rängen für die wenigsten Kontroversen unter den Juroren.

Auffälligkeiten bei einigen Juryentscheiden

Russland Sergey Lazarev "Scream" © imago_Images Foto: ITAR TASS
Sergey Lazarev hat beim ESC in Tel Aviv keine Jurypunkte aus dem Nachbarland Georgien bekommen.

Besonders auffällig waren einige Juryentscheide, die mit erstaunlichem Gleichklang getroffen wurden. So setzten die armenischen Juroren den aserbaidschanischen Beitrag von Chingiz einstimmig auf den letzten Platz. Die georgische Jury verwies dagegen den russischen Beitrag von Sergey Lazarev einstimmig auf Platz 26. Dass hier keine rein geschmacklichen Entscheidungen getroffen wurden, sondern auch politische Erwägungen eine Rolle spielten, darf an dieser Stelle gemutmaßt werden - selbst die Juroren aus Griechenland und Zypern waren sich mit Blick auf die wechselseitig vergebenen 12 Punkte nicht dermaßen einig. In ihren Beurteilungen besonders ähnlich waren sich die Juroren in Malta, die im Schnitt nur 1,61 Ränge voneinander abwichen. Die portugiesischen Juroren dürften sich mit einer Abweichung von 6,25 Rängen über den einen oder anderen Beitrag ordentlich gezofft haben.

Und was ist mit Deutschland?

Nachdem die Wertung der weißrussischen Jury von der EBU gestrichen werden musste, weil die Juroren sich vor dem Finale bereits öffentlich zu ihren Präferenzen geäußert hatten, wunderten sich nicht nur die Fans, wie acht Punkte für Deutschland aus Weißrussland zustande kamen. Das aus den Juryergebnissen mehrerer anderer Länder gemittelte Ergebnis erwies sich tatsächlich als fehlerhaft und musste nachträglich korrigiert werden, wodurch die S!sters vom drittletzten auf den vorletzten Platz zurückfielen. Tatsächlich lag "Sister" im Durchschnitt der Wertungen auf Rang 19,5 und damit auf einem Level wie der ähnlich platzierte Beitrag "Perfect Life" von Levina beim ESC 2017 in Kiew (Rang 19,3). Kleiner Trost: Beim Televoting haben wir zwar null Zähler erhalten, im Schnitt der einzelnen Publikumsrankings lagen wir aber hauchdünn vor dem britischen Beitrag "Bigger Than Us". Für Punkte hat das aber leider nicht gereicht.

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Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 18.05.2019 | 21:00 Uhr

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